Hier sind erste Bilder vom Gründungsparteitag von radikal:klima. Diese Galerie wird in den kommenden Tagen noch vervollständigt. Die Bilder stehen unter CC-BY Lizenz („CC-BY Stefan Müller“). Auf Bilder klicken zur Anzeige, dann mit Rechtsklick abspeichern.
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Am Boden bleiben, Berlin, 2019-11-10
Symbolische Blockade des Flughafens Berlin Tegel (TXL) durch Am Boden bleiben (stay grounded). Die BlockiererInnen hatten angekündigt, dass sie so blockieren wollen, dass niemand seinen Flug verpasst, und haben die Blockade auch so durchgeführt. Die Polizeit hat aber am Tunnel zu Tegel Flugtickets kontrolliert und so einen enormen Stau verursacht. Busse endeten mehrere hundert Meter vor dem Flughafen, so dass Passagiere laufen mussten.
Der Gewaltbegriff von Extinction Rebellion: eine Antwort in Bildern
In seinem Artikel Agressiv friedlich in der taz schreibt Simon Sales Pedro, dass Extinction Rebellion keine Bewegung für alle sein kann, weil dies schon am von XR angenommenen Gewaltbegriff scheitern müsse. Er hält das Prinzip der Gewaltfreiheit für eine Illusion.
Lieber Herr Sales Pedro, Sie schreiben:
Man sei ein gewaltfreies Netzwerk, heißt es online unter Punkt neun auf der Liste der Prinzipien und Werte. Auf der Straße sieht das dann so aus: Als am Montag die Polizei in London eine Blockade auflöste, sangen die Demonstrierenden „Polizei, wir lieben euch, wir tun das auch für eure Kinder“. Und nachdem die Berliner Behörde am Dienstag den besetzten Potsdamer Platz räumte, applaudierten die Aktivist*innen und bedankten sich – bei der Polizei. Das muss wohl dieser zivile Ungehorsam sein.
Ja, das ist der zivile Ungehorsam. Ich habe mich gestern hier in London lange mit einem Mann über Gewalt unterhalten. Ich habe ihn gefragt, wieso es die Protestierenden schaffen, am Trafalgar Square Dutzende Zelte aufzustellen.
Er meinte, dass die Polizei nicht hinterherkäme. Er hat mir gesagt, dass in London zur Zeit nur Londoner Polizei eingesetzt wird. Ich habe ihm von den „Mai-Revolutionen“ in Berlin erzählt und dass da Tausende PolizistInnen im Einsatz waren. Er meinte, dass sich das sofort ändern würde, wenn XR gewalttätig wäre. Der Trafalgar Square ist besetzt. Brücken waren besetzt, die Zufahrten zur Westminsterbrücke ist immer noch besetzt. Das ist gewaltfreier ziviler Ungehorsam.
Wenn Extinction Rebellion dazu aufruft, sich von der Polizei festnehmen und wegtragen zu lassen, dann schließt man dadurch alle Menschen aus, die das nicht tun können – wegen ihrer Hautfarbe, wegen ihres Arbeitsverhältnisses oder ihres Aufenthaltsstatus.
Das ist richtig. Ich bin Beamter und kann mich deshalb nicht verhaften lassen. Bin ich deshalb traurig, weil ich nicht mitmachen darf? Bin ich benachteiligt? Nein, denn es gibt ganz viele verschiedene Möglichkeiten, sich zu beteiligen, sich einzubringen. KollegInnen von mir beherbergen RebellInnen, die nach Berlin kommen. Andere helfen, indem sie Comics zur Wissenschaftsillustration zeichnen. Und selbst wenn man auf die Straße gehen will, heißt das nicht, dass man sich verhaften lassen muss. Am 07.10.2019 hat die religiöse Rebellion die Lambeth-Brücke in London blockiert. Das folgende Bild zeigt einen Muslim und eine Muslima, die zu den anderen gesprochen haben. Ob sie sich verhaften lassen haben, weiß ich nicht, es war jedenfalls nicht notwendig.
Extinction Rebellion müsse die komplexen Realitäten aller von der Klimakrise Betroffenen berücksichtigen, statt sich ihre Kämpfe anzueignen. Die mangelnde Sensibilität hierfür könnte daher rühren, dass Extinction Rebellion wie so viele Klimabewegungen vor allem eines ist: weiß.
Ich frage mich ernsthaft, wie man sich als Bewegung hier richtig verhalten sollte. Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind so gewaltig, wie kann man da jemandem vorwerfen, er wolle einem Arbeit wegnehmen, zumal wenn er dazu aufruft, die Arbeit gemeinsam zu erledigen.
Eine Klimabewegung, die sich selbst ernst nimmt, muss intersektional denken. Sie muss Rassismus und Sexismus ablehnen, sie muss den Kapitalismus kritisieren.
Der Witz an XR ist, dass diese Bewegung niemandem vorschreibt, was er oder sie muss – abgesehen von einigen Grundregeln wie zum Beispiel Gewaltfreiheit. Wenn man lange genug über die Lage nachdenkt, kommt man von allein drauf, dass unsere Regierungen in dem Rahmen, in dem sie agieren, gefangen sind. Das Klimapäckchen der deutschen Regierung ist das beste Beispiel dafür, wie eine Regierung versucht, alles, was irgendwie wehtun könnte auf nach den Wahlen zu verschieben. Das ist der demokratische Ansatzpunkt von XR: Bürger*innenversammlungen aus zufällig repräsentativ ausgewählten Bürger*innen können helfen, das Problem zu lösen. Sie können der Regierung Vorschläge unterbreiten, die diese dann umsetzen können, ohne sich vor ihren Wähler*innen dafür rechtfertigen zu müssen, denn die Legitimation hätten sie direkt vom Volk bekommen. Diese Bürger*innenversammlungen (damals noch Bürgerversammlungen) gab es übrigens schon damals in Griechenland.
Ob man bei den anstehenden Veränderungen gleich noch den Kapitalismus abschafft, abschaffen kann, ist eine interessante Frage. Mir persönlich würde schon reichen, wenn man das Überleben der Menschheit sichern könnte. Die anstehenden Transformationen werden ohnehin so gewaltig sein, dass wir unsere Gesellschaften dann nicht mehr wiedererkennen werden. So oder so.
Statt sich gut gelaunt von Polizisten festnehmen zu lassen, müsste man anprangern, dass vor allem Schwarze Menschen von Polizeigewalt betroffen sind.
Den dass-Satz möchte ich als Meta-Whataboutism bezeichnen. Wieso soll XR Gewalt gegen Schwarze Menschen anprangern? Bei XR geht es um die Klimakatastrophe, Gewalt gegen Schwarze ist ein Problem, das gelöst werden muss, aber nicht noch zusätzlich auch noch von XR. (Die Bewegung der schwarzen Amerikaner*innen ist übrigens ein Vorbild von XR)
Ansonsten denke ich, dass Sie sich für diesen Satz bei allen an XR Beteiligten entschuldigen sollten. Ich zeige Ihnen ein paar Bilder von zwei Tagen in London. Das erste Bild zeigt eine hochbetagte Frau, die sich hat festnehmen lassen (07.10. Trafalgar Square). Sie wirkte auf mich sehr zerbrechlich, von guter Laune keine Spur.
Die Männer und Frauen im und am Auto haben sich mit Schlössern am Auto angeschlossen oder miteinander verbunden.
Sie sitzen jetzt bereits über zwei Tage in diesem Auto oder liegen daneben bzw. darunter. Es hat teilweise stark geregnet. Der Mann außerhalb des Autos ist wahrscheinlich unterkühlt. Keiner von ihnen konnte sich in dieser Zeit richtig bewegen. (Toilette!?!) Einfach schon so lange in einer Körperhaltung zu liegen oder zu sitzen ist eine enorme Leistung.
Die zwei Frauen auf dem folgenden Bild haben sich mit Fahrradschlössern am Kopf zusammengeschlossen.
Um sie zu trennen, hat die Polizei ihre Köpfe mit feuerfestem Tuch abgedeckt, ihnen Schutzbrillen aufgesetzt und die Schlösser dann mit einem Trennschleifer aufgesägt. Die Polizistin hat die eine Rebellin gefragt, ob sie gehen möchte, ansonsten würde sie verhaftet. Die Rebellin hat erklärt, dass sie verhaftet werden möchte.
Ihre Mitstreiterin war beim Abtransport ohnmächtig oder wirkte zumindest so.
Eine gut gelaunte Festnahme sieht anders aus.
Aber jenseits der Festnahmen gab es durchaus gute Laune. Das folgende Bild zeigt einen Sänger, der auch in Faslane beim Peace-Camp gegen die dort stationierten Atom-U-Boote dabei war. Er spricht über die Polizist*innen, die auch nur ihren Job tun und ansonsten vielleicht sogar auf ihrer Seite wären. Als Beispiel erzählt er von Faslane, wo es ein sehr gutes Verhältnis zur Polizei gab und die Polizist*innen am Tag vor der Festnahme der Aktivist*innen angerufen haben, um nachzufragen, wer vegetarisches und wer veganes Essen bevorzuge.
Ich kann solche Polizei-Erlebnisse aus Faslane persönlich bestätigen. Ich war 1993 zum Valentinstag dort und die Polizist*innen halfen uns, Plakate am Zaun zu befestigen, denn das Gewebe des Zauns war so engmaschig, dass man keinen Faden hindurch und wieder zurück bekam. Sie halfen uns von der anderen Seite. Auch gestern bei der Losschneideaktion kam mir ein Polizist entgegen und hat sich nach Absprache extra so hingestellt, dass ich photogoraphieren konnte. Ziel von XR ist es, London/Berlin/whatever möglichst lange besetzt zu halten. Möglichst viele und gute Bilder zu bekommen und damit in die Medien zu kommen. Die Polizei spielt dabei ihren Rolle. Diese kann sie so oder so ausgestalten. Sie ist nicht notwendigerweise der Gegner der Rebellion.
Statt zu sagen man sei „offen für alle“, müsste man sich fragen, weshalb trotzdem nicht alle repräsentiert werden – und Barrieren abbauen, die das verhindern. Statt sich von Kämpfen abzukapseln, die Marginalisierte längst führen, müsste man sich mit ihnen solidarisieren und sie schützen. Statt für andere zu sprechen, könnte man sie zu Wort kommen lassen.
Genau das passiert in London und wahrscheinlich auch in Berlin. Macht einfach alle mit. Dann seid Ihr die Bewegung, bestimmt, was gemacht wird und wer sichtbar ist.
Nachtrag: Hier sind alle Bilder aus London mit People of Color: https://www.flickr.com/search/?user_id=184802432%40N05&sort=date-taken-desc&text=People%20of%20Color&view_all=1
Vorführung des S4F-Films im Delphi
Innerhalb der Streikwoche vom 20.09.-26.09. wurde der Film, den verschiedene Scientists4Future eingesprochen, gefilmt und geschnitten haben, im Delphi-Filmpalast vorgestellt.