Am Boden bleiben, Berlin, 2019-11-10

Symbolische Blockade des Flughafens Berlin Tegel (TXL) durch Am Boden bleiben (stay grounded). Die BlockiererInnen hatten angekündigt, dass sie so blockieren wollen, dass niemand seinen Flug verpasst, und haben die Blockade auch so durchgeführt. Die Polizeit hat aber am Tunnel zu Tegel Flugtickets kontrolliert und so einen enormen Stau verursacht. Busse endeten mehrere hundert Meter vor dem Flughafen, so dass Passagiere laufen mussten.

Der Gewaltbegriff von Extinction Rebellion: eine Antwort in Bildern

In seinem Artikel Agressiv friedlich in der taz schreibt Simon Sales Pedro, dass Extinction Rebellion keine Bewegung für alle sein kann, weil dies schon am von XR angenommenen Gewaltbegriff scheitern müsse. Er hält das Prinzip der Gewaltfreiheit für eine Illusion.

Lieber Herr Sales Pedro, Sie schreiben:

Man sei ein gewaltfreies Netzwerk, heißt es online unter Punkt neun auf der Liste der Prinzipien und Werte. Auf der Straße sieht das dann so aus: Als am Montag die Polizei in London eine Blockade auflöste, sangen die Demonstrierenden „Polizei, wir lieben euch, wir tun das auch für eure Kinder“. Und nachdem die Berliner Behörde am Dienstag den besetzten Potsdamer Platz räumte, applaudierten die Aktivist*innen und bedankten sich – bei der Polizei. Das muss wohl dieser zivile Ungehorsam sein.

Ja, das ist der zivile Ungehorsam. Ich habe mich gestern hier in London lange mit einem Mann über Gewalt unterhalten. Ich habe ihn gefragt, wieso es die Protestierenden schaffen, am Trafalgar Square Dutzende Zelte aufzustellen.

Zelte am Trafalgar Square, London, 08.10.2019

Er meinte, dass die Polizei nicht hinterherkäme. Er hat mir gesagt, dass in London zur Zeit nur Londoner Polizei eingesetzt wird. Ich habe ihm von den „Mai-Revolutionen“ in Berlin erzählt und dass da Tausende PolizistInnen im Einsatz waren. Er meinte, dass sich das sofort ändern würde, wenn XR gewalttätig wäre. Der Trafalgar Square ist besetzt. Brücken waren besetzt, die Zufahrten zur Westminsterbrücke ist immer noch besetzt. Das ist gewaltfreier ziviler Ungehorsam.

Wenn Extinction Rebellion dazu aufruft, sich von der Polizei festnehmen und wegtragen zu lassen, dann schließt man dadurch alle Menschen aus, die das nicht tun können – wegen ihrer Hautfarbe, wegen ihres Arbeitsverhältnisses oder ihres Aufenthaltsstatus.

Das ist richtig. Ich bin Beamter und kann mich deshalb nicht verhaften lassen. Bin ich deshalb traurig, weil ich nicht mitmachen darf? Bin ich benachteiligt? Nein, denn es gibt ganz viele verschiedene Möglichkeiten, sich zu beteiligen, sich einzubringen. KollegInnen von mir beherbergen RebellInnen, die nach Berlin kommen. Andere helfen, indem sie Comics zur Wissenschaftsillustration zeichnen. Und selbst wenn man auf die Straße gehen will, heißt das nicht, dass man sich verhaften lassen muss. Am 07.10.2019 hat die religiöse Rebellion die Lambeth-Brücke in London blockiert. Das folgende Bild zeigt einen Muslim und eine Muslima, die zu den anderen gesprochen haben. Ob sie sich verhaften lassen haben, weiß ich nicht, es war jedenfalls nicht notwendig.

Muslim und Muslima sprechen bei Brückenblockade in London, Lambeth-Bridge, 07.10.2019

Extinction Rebellion müsse die komplexen Realitäten aller von der Klimakrise Betroffenen berücksichtigen, statt sich ihre Kämpfe anzueignen. Die mangelnde Sensibilität hierfür könnte daher rühren, dass Extinction Rebellion wie so viele Klimabewegungen vor allem eines ist: weiß.

Ich frage mich ernsthaft, wie man sich als Bewegung hier richtig verhalten sollte. Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind so gewaltig, wie kann man da jemandem vorwerfen, er wolle einem Arbeit wegnehmen, zumal wenn er dazu aufruft, die Arbeit gemeinsam zu erledigen.

Eine Klimabewegung, die sich selbst ernst nimmt, muss intersektional denken. Sie muss Rassismus und Sexismus ablehnen, sie muss den Kapitalismus kritisieren.

Der Witz an XR ist, dass diese Bewegung niemandem vorschreibt, was er oder sie muss – abgesehen von einigen Grundregeln wie zum Beispiel Gewaltfreiheit. Wenn man lange genug über die Lage nachdenkt, kommt man von allein drauf, dass unsere Regierungen in dem Rahmen, in dem sie agieren, gefangen sind. Das Klimapäckchen der deutschen Regierung ist das beste Beispiel dafür, wie eine Regierung versucht, alles, was irgendwie wehtun könnte auf nach den Wahlen zu verschieben. Das ist der demokratische Ansatzpunkt von XR: Bürger*innenversammlungen aus zufällig repräsentativ ausgewählten Bürger*innen können helfen, das Problem zu lösen. Sie können der Regierung Vorschläge unterbreiten, die diese dann umsetzen können, ohne sich vor ihren Wähler*innen dafür rechtfertigen zu müssen, denn die Legitimation hätten sie direkt vom Volk bekommen. Diese Bürger*innenversammlungen (damals noch Bürgerversammlungen) gab es übrigens schon damals in Griechenland.

Ob man bei den anstehenden Veränderungen gleich noch den Kapitalismus abschafft, abschaffen kann, ist eine interessante Frage. Mir persönlich würde schon reichen, wenn man das Überleben der Menschheit sichern könnte. Die anstehenden Transformationen werden ohnehin so gewaltig sein, dass wir unsere Gesellschaften dann nicht mehr wiedererkennen werden. So oder so.

Statt sich gut gelaunt von Polizisten festnehmen zu lassen, müsste man anprangern, dass vor allem Schwarze Menschen von Polizeigewalt betroffen sind.

Den dass-Satz möchte ich als Meta-Whataboutism bezeichnen. Wieso soll XR Gewalt gegen Schwarze Menschen anprangern? Bei XR geht es um die Klimakatastrophe, Gewalt gegen Schwarze ist ein Problem, das gelöst werden muss, aber nicht noch zusätzlich auch noch von XR. (Die Bewegung der schwarzen Amerikaner*innen ist übrigens ein Vorbild von XR)

Ansonsten denke ich, dass Sie sich für diesen Satz bei allen an XR Beteiligten entschuldigen sollten. Ich zeige Ihnen ein paar Bilder von zwei Tagen in London. Das erste Bild zeigt eine hochbetagte Frau, die sich hat festnehmen lassen (07.10. Trafalgar Square). Sie wirkte auf mich sehr zerbrechlich, von guter Laune keine Spur.

Hochbetagte Frau mit Stock wird am Trafalgar Square festgenommen. Der Polizist trägt ihren Rucksack. Rechts der Mann ist Leagle Observer. Die Umstehenden klatschen Beifall für sie und rufen „We love you“. Auf dem T-Shirt in Rot steht: „Labor Party says no to … Fascism Racism Antisemitism Islamophobia“

Die Männer und Frauen im und am Auto haben sich mit Schlössern am Auto angeschlossen oder miteinander verbunden.

Sie sitzen jetzt bereits über zwei Tage in diesem Auto oder liegen daneben bzw. darunter. Es hat teilweise stark geregnet. Der Mann außerhalb des Autos ist wahrscheinlich unterkühlt. Keiner von ihnen konnte sich in dieser Zeit richtig bewegen. (Toilette!?!) Einfach schon so lange in einer Körperhaltung zu liegen oder zu sitzen ist eine enorme Leistung.

Die zwei Frauen auf dem folgenden Bild haben sich mit Fahrradschlössern am Kopf zusammengeschlossen.

Zwei Frauen haben sich mit Fahrradschlössern am Kopf zusammengeschlossen.

Um sie zu trennen, hat die Polizei ihre Köpfe mit feuerfestem Tuch abgedeckt, ihnen Schutzbrillen aufgesetzt und die Schlösser dann mit einem Trennschleifer aufgesägt. Die Polizistin hat die eine Rebellin gefragt, ob sie gehen möchte, ansonsten würde sie verhaftet. Die Rebellin hat erklärt, dass sie verhaftet werden möchte.

„Sie können gehen, wenn Sie wollen.“ „Nein, bitte verhaften Sie mich.“

Ihre Mitstreiterin war beim Abtransport ohnmächtig oder wirkte zumindest so.

Eine gut gelaunte Festnahme sieht anders aus.

Aber jenseits der Festnahmen gab es durchaus gute Laune. Das folgende Bild zeigt einen Sänger, der auch in Faslane beim Peace-Camp gegen die dort stationierten Atom-U-Boote dabei war. Er spricht über die Polizist*innen, die auch nur ihren Job tun und ansonsten vielleicht sogar auf ihrer Seite wären. Als Beispiel erzählt er von Faslane, wo es ein sehr gutes Verhältnis zur Polizei gab und die Polizist*innen am Tag vor der Festnahme der Aktivist*innen angerufen haben, um nachzufragen, wer vegetarisches und wer veganes Essen bevorzuge.

Sänger berichtet von der Polizei in Faslane, die vor den Festnahmen angerufen hat, um sich zu erkundigen, welche AktivistInnen welches Essen bevorzugen.

Ich kann solche Polizei-Erlebnisse aus Faslane persönlich bestätigen. Ich war 1993 zum Valentinstag dort und die Polizist*innen halfen uns, Plakate am Zaun zu befestigen, denn das Gewebe des Zauns war so engmaschig, dass man keinen Faden hindurch und wieder zurück bekam. Sie halfen uns von der anderen Seite. Auch gestern bei der Losschneideaktion kam mir ein Polizist entgegen und hat sich nach Absprache extra so hingestellt, dass ich photogoraphieren konnte. Ziel von XR ist es, London/Berlin/whatever möglichst lange besetzt zu halten. Möglichst viele und gute Bilder zu bekommen und damit in die Medien zu kommen. Die Polizei spielt dabei ihren Rolle. Diese kann sie so oder so ausgestalten. Sie ist nicht notwendigerweise der Gegner der Rebellion.

Statt zu sagen man sei „offen für alle“, müsste man sich fragen, weshalb trotzdem nicht alle repräsentiert werden – und Barrieren abbauen, die das verhindern. Statt sich von Kämpfen abzukapseln, die Marginalisierte längst führen, müsste man sich mit ihnen solidarisieren und sie schützen. Statt für andere zu sprechen, könnte man sie zu Wort kommen lassen.

Genau das passiert in London und wahrscheinlich auch in Berlin. Macht einfach alle mit. Dann seid Ihr die Bewegung, bestimmt, was gemacht wird und wer sichtbar ist.

Besetzung der Lambeth-Brücke durch die Religiöse Rebellion, London, 07.09.2019

Nachtrag: Hier sind alle Bilder aus London mit People of Color: https://www.flickr.com/search/?user_id=184802432%40N05&sort=date-taken-desc&text=People%20of%20Color&view_all=1

Wut als Energiequelle

Heute wünscht sich Nina Apin in der taz einen Wutantrieb für Maschinen. Aber den gibt es schon längst! Bei Spuk Unterm Riesenrad regt sich das Rumpelstilzchen auf und treibt damit einen Staubsauger an, mit dem die Märchenfiguren dann fliegen.

Leider ist die Auflösung schlecht, aber Rumpelstilzchen hat den Stecker des Staubsaugers in der Nase und seine Wut treibt das Wutflugzeug an. Youtube-Trailer

Das ist überhaupt die Lösung für alles! #GrünesFliegen mit normalen Flugzeugen wird ja erst 2050 (Industrie) oder 2060 (wir) kommen, aber bis dahin können wir Staubsauger dafür nehmen. Ich würde gern mit @c_lindner fliegen. Ich würde ab und zu und sagen und schwuppdiewupp wären wir da. Wenn wir irgendwie mal schnell durchstarten müssen, sage ich leise „#Tempolimit“.

Man stelle sich auch das vor: Man könnte erforschen, welche Staubsauger sich am besten zum Fliegen eignen, wo das Optimum von Staubsaugergröße, Passagierzahl, Wutaufwand usw. liegt. Natürlich alles total : Sowohl Modelle mit Beutel als auch solche ohne sollte man weiter untersuchen.

Nun hat Herr Lindner sicher nicht so viel Zeit und bisher können auch nur wenige Passagiere mitfliegen (Ist der/die Reizende dann eigentlich Ko-PilotIn oder Passagier? Na, vielleicht ist es billiger, wenn man den Antrieb selber machen muss.), aber die FDP hat ja 64.350 Mitglieder. Sollten die nicht reichen, können wir auch auf die zurückgreifen. Da sind noch mal 33.651 drin. Das Fliegen mit denen ist dann nicht so langweilig, weil man außer und auch noch als Antriebswort verwenden kann.

Es gibt natürlich ein Problem, denn die Flugstaubsauger müssen ja wieder an den Abflugort zurück. Das ließe sich recht einfach lösen, wenn man wie Lindner’s Kollegen aus Österreich, die Arbeitszeit auf 12h pro Tag ausdehnen würde. Natürlich total freiwillig. Dann könnte ein Wutflieger am selben Tag noch hin und zurück fliegen.

Ach, Quatsch, das geht ja noch viel besser: Wir lieberalisieren den Flugmarkt einfach komplett! Jeder kann einen Staubsauger bedienen! Wir machen das über die App: Wer will, bestellt sich einen FDPler oder AfDler per App nach Hause und der fliegt dann, so lange wie er eben kann.

Und auch das -Problem wäre dann gelöst, denn wir bräuchten keine Flughäfen mehr und könnten auch endlich .

Ich sollte jetzt aufhören, aber es ist gerade so schön. Auch Politikerflüge könnte man so organisieren. Normalerweise fliegt ja genau eine Politikerin mit einem Piloten. Das könnte man verbessern, indem immer zwei PolitikerInnen zusammen fliegen und sich gegenseitig abwechseln. Grüne fliegen mit der , mit der Linken, bei der FDP setzen wir einen von der Partei hinten drauf (FDP muss die ganze Zeit fliegen, weil die PARTEI nie wütend wird). Und SPD ist egal, die sind eh schon abgestürzt.

Hardwired … to self-destruct

Das folgende Video von Metallica hat über 45 Mio Aufrufe. Da es unwahrscheinlich ist, dass ein Benutzer allein es so oft gesehen hat, folgt daraus, dass viele, viele Leute es gesehen haben.

Metallica 2016. Hardwired … aus dem Album Hardwired … to self-destruct.

Das ist der Text:

In the name of desperation
In the name of wretched pain
In the name of all creation
Gone insane
We’re so fucked
Shit outta luck
Hardwired to self-destruct
GO!
On the way to paranoia
On the crooked borderline
On the way to great destroyer
Doom design
We’re so fucked
Shit outta luck
Hardwired to self-destruct
OH!
Once upon a planet burning
Once upon a flame
Once upon a fear returning
All in vain
Do you feel that hope is fading?
Do you comprehend?
Do you feel it terminating?
In the end
We’re so fucked
Shit outta luck
Hardwired to self-destruct
Hardwired to self-destruct
Self-destruct
Self-destruct
Self-destruct

Metallica, Hardwired, 2016

Ich frage mich, was die Zuschauer gedacht haben, als sie das Video gesehen haben. Na, das kann man in den Youtube-Kommentaren lesen. Es geht darum, ob das echter Trash Metal ist oder nicht und ob sie es live schneller spielen.

Metallica: Lars Ulrich (Schlagzeug) und James Hetfield (Gesang, Gitarre) live im Olympiastadion, Berlin, 06.07.19

Das Interessante an diesem Text ist, dass er wahr ist: Erstens sind wir gefickt und zweitens ist die Tatsache, dass wir alles ignoriert haben, bis es fast zu spät ist, in unserem Genom fest verdrahtet. Die Psychologists For Future und die Neurowissenschaftler erklären uns das: Der Neurobiologe Dr. Sébastien Bohler erklärt in seinem Artikel Bewusster leben, dass unser Gehirn so aufgebaut ist, dass wir früher einen Auslesevorteil hatten und all die Jahrtausende überleben konnten. Wir erhalten kleine Belohnungen (Dopamin-Kicks) für Essen, Fortpflanzung, Machtgewinn, geringe Energieaufwendung und sammeln so viele Informationen über unsere Umwelt wie möglich. (Essen, Sex, Faulheit, Rock’n’Roll. Na ja, Rock’n’Roll kommt in dem Artikel nicht vor.)

Das war eine großartige Hardware, um tausende und aber tausende von Jahren am Leben zu bleiben, leider ist nun diese Hardware gerade für unser Versagen verantwortlich. Dem Artikel zufolge sterben mehr Menschen an Überernährung als an Unterernährung. In der Vergangenheit war es kein Vorteil, Lebensmittel für später zu sparen. Vielleicht könnte es jemand anderes nehmen. Also haben wir es lieber sofort gegessen. Unser Gehirn ist nicht so konstruiert, dass wir uns um die Zukunft sorgen und dementsprechend handeln. Es gibt einfach mehr Kicks für das schnelle kleine Glück.

Nun gibt es interessante Ergebnisse von Neurologen: Sie haben Experimente gemacht, bei denen sie den Probanden Geld gaben und sie baten, es mit einer anderen, unbekannten Person im nächsten Raum zu teilen oder das Geld zu behalten. Das Interessante ist, dass Frauen anders als Männer handelten: Die Frauen teilten das Geld häufiger und diejenigen, die es teilten, bekamen Dopamin-Belohnungen im Gehirn. Männer bekamen die Belohnungen für das Behalten des Geldes. Die Hypothese ist, dass Frauen dieses Verhalten in ihrer frühen Kindheit gelernt haben, während Männer dazu erzogen wurden, aggressiv und wettbewerbsfähig zu sein.

Die gute Nachricht ist: Vielleicht ist ja nicht alles in unseren Köpfen fest verdrahtet und ein Teil davon ist auf Erziehung zurückzuführen. Wie bekommen wir unsere Kicks? Beim Behalten oder beim Teilen? Können wir unsere Gewohnheiten ablegen/ändern? Ja, sagt Dr. Bohler. Menschen, die zu viel essen, können ihre Essgewohnheiten ändern, indem sie sich mehr Zeit nehmen und bewusster essen. Dasselbe gilt für andere Lebensbereiche. Brauchen wir dieses neue Auto? Wozu? Zum Vorzeigen? Wir können unsere Gewohnheiten ablegen, bewusster sein und uns unserer Zukunft stellen. Denkt darüber nach und handelt entsprechend.

Sobald wir bereit sind, uns der Klimakrise zu stellen, stellt sich die Frage: Was können wir tun? Wo ist der Ausweg? Derzeit ist das Wichtigste, das, was wir alle tun können, mit unseren Politikern zu sprechen und sie wissen zu lassen, dass die Dinge, die sie tun, nicht ausreichen und dass sie ihre verdammten Arsch bewegen müssen, aus der Kohle aussteigen, in erneuerbare Energien investieren, die Subventionierung von Flugreisen einstellen und so weiter. Wir sollten FridaysForFuture unterstützen und an ihrer globalen Klimaaktion am Freitag 20.09.2019 teilnehmen! Schaut Euch die Orte, wo sie aktiv sind, an und wenn nichts in Eurer Nähe passiert, macht selber was. Wir sehen uns am Freitag!

PS: Noch ein Song-Text:

I don’t wanna be rejected
I don’t wanna be denied
And it’s not my misfortune
That I’ve opened up your eyes

Freedom is given, speak how you feel
I have no freedom, how do you feel?
They can lie to my face but not to my heart
If we stand together it will just be the start

If the kids are united!
They will never be divided!

Tja, die Kids von heute kennen diesen Song wahrscheinlich nicht, aber lasst uns ihnen trotzdem helfen. =:-)

Punks for Future, Berlin, 2019-03-13

Redet!

Eine gute Bekannte von mir berichtete geknickt von einem Geburtstag. Eine Frauenrunde im Prenzlauer Berg im August. Alle berichteten von ihren Urlauben und alle, alle bis auf meine Bekannte sind in den Urlaub geflogen. Ich habe sie gefragt, ob sie etwas gesagt hat. Die Antwort war: „Nein, die würden mich doch nie wieder einladen.“

Der Comic-Zeichner Ralf Ruthe berichtet auf Twitter über ähnliche Situationen:

Am Sonntag war ich mit den Zwillingen und unserem neuen AuPair Laura in einem Park. Als es anfing zu regnen, „retteten“ wir uns auf eine Bierbank unter einen großen Gastro-Sonnenschirm, zusammen mit ca. 10 anderen Personen. Es regnete eine ganze Weile lang und irgendwie war es ziemlich gemütlich mit dieser kleinen, zufällig zusammengewürfelten Gruppe Menschen. Ein kleiner Querschnitt durch die Gesellschaft, eine freundliche, geschützte Mini-Welt. Man lächelte sich zu und mümmelte seine schnell noch gekauften Pommes.

Ralph Ruthe (@ralphruthe) September 13, 2019

Er beschreibt eine Szene, in der er einer Kolumbianerin Auskunft darüber geben wollte, ob es hier immer so lange regnet. Er sprach über Klimawandel und alle Gespräche um ihn herum kamen zum Erliegen. Betretenes Schweigen, Isolation, Ignorieren. Eine zweite Szene, die er beschreibt, ist ein Essen mit vielen Personen, unter denen eine mit rassistischen Argumenten in die Klimadiskussion ging. Genauso wieder in der Runde: Schweigen.

Diese zwei Erlebnisse waren für mich wie ein Schlag in den Nacken. Ich bin schockiert darüber, wie wenig die Klimakrise anscheinend außerhalb der Titelseiten von Zeitschriften und Nachrichtenseiten kommuniziert wird. Ich bin entsetzt, wenn ich mir vorstelle, dass an Küchentischen, in Firmenkantinen und in Bürokaffeeküchen nicht darüber geredet wird, weil die Leute vielleicht Angst haben, dass es die gemütliche Stimmung kaputt macht – obwohl genau das zwingend nötig wäre.

Ralph Ruthe (@ralphruthe) September 13, 2019

Ich habe ähnliche Erfahrungen bei einer Diskussion um eine Klassenfahrt gemacht, bei der eine Option eine Flugreise nach Neapel und eine eine Zugreise an die Ostsee war. Erklärtes Ziel der SchülerInnen: Gepflegt am Strand abhängen. Die meisten Eltern in der Klasse haben das Problem mit der Flugreise nicht verstanden bzw. nicht als ernstes Problem wahrgenommen. Nur eine Mutter hat mich indirekt in der Diskussion auf dem Elternabend unterstützt. Die Diskussion ging dann per Email weiter und nahm epische Ausmaße an. Highlights:

  • Das Flugzeug fliegt ja sowieso. (Diskussion dieses Arguments)
  • Wenn es in Zinnowitz kalt wird, müssen die heizen und das verbraucht CO2. (im Juni!)
  • Wenn die SchülerInnen in Neapel sind können sie dort Früchte essen, die dort wachsen, in Zinnowitz sind die schlecht wegen CO2.

Die Diskussion gipfelte dann in einer Email, in der ein Vater meinte, dass es doch nicht so schlimm wäre, wenn ein paar Millionen Menschen hopps gingen, es wären ja eh zu viele.

Ja, FridaysForFuture macht diese heile Welt, in der niemand dem anderen zu nahe tritt, kaputt. Die Jugendlichen hinterfragen unseren Alltag. Plötzlich muss man sich als Erwachsener die Frage gefallen lassen, ob es ok ist, jedes Jahr in den Urlaub zu fliegen. Oder mal für ein Wochenende nach Paris/London/Tallin. Oder noch irrer: von Berlin nach Frankfurt oder Stuttgart. Und ja: Wir müssen uns darüber unterhalten. Wir müssen raus aus der Filterblase. Wenn es öfter vorkommt, wird es auch normaler, die Gruppe derjenigen, die Bescheid wissen, wird größer und die Gefahr der sozialen Ächtung kleiner.

Redet!

Pünktlichkeit: Bahn oder Flug?

Wenn es um Flug oder Bahn geht, bekomme ich immer wieder die Antwort, dass doch die Bahn so unzuverlässig sei. Mit Interesse habe ich daher den Bericht der Deutschen Flugsicherung für 2018 gelesen. Darin findet man folgende Grafik:

Pünktlichkeit von Flügen nach DFS. Jedes vierte Flugzeug in Europa zu spät. DFS Mobilitätsbericht 2018, S. 28

Laut DFS ist in Europa jedes vierte Flugzeug mehr als eine Viertelstunde zu spät. Die Pünktlichkeitsrate liegt also in Europa bei nur 75 %!

Für Deutschland sieht das besser aus. Die Pünktlichkeitsrate liegt bei 88,7 %. Allerdings zeigt die Grafik der DFS, dass es einen Zusammenhang zwischen Zunahme der Flugverbindungen und Verspätungen gibt:

Flüge in Deutschland korreliert mit Pünktlichkeit. DFS Mobilitätsbericht 2018

Vergleicht man das mit der Bahn, so sieht man, dass die Pünktlichkeit im Personenfernverkehr bei 75% liegt. Im Nahverkehr bei 94% und gesamt bei 93,5%.

Pünklichkeitsbericht der Bahn 2018

OK. Da ist Luft nach oben! Aber ich erinnere mich an die Zeit vor 1998. Da hatte die Bahn an den Bahnhöfen Kreidetafeln mit Pünktlichkeitswerten und die waren auch bei 95%. Danach ist bei der Bahn viel falsch gelaufen (ich sag nur Mehdorn). Redundanzen wurden abgebaut. Lokführer-Pools reduziert/abgeschafft. Werkstätten geschlossen. Alles mit Hinblick auf den Börsengang. Wenn man der Bahn in Zukunft die Rolle in unserem Verkehrssystem zubilligt, die ihr zusteht, dann wird das auch wieder besser. Und es schafft Arbeitsplätze!

#AlleFürsKlima: Protest und verantwortliches Handeln

Seit über einem Jahr gehen die Kinder und Jugendlichen nun für unsere Zukunft auf die Straße. Sie haben viel erreicht: Das Thema ist auf der Tagesordnung, die Kanzlerin, die irgendwie in den Ruf gekommen war, eine Klimakanzlerin zu sein, hat jetzt eingesehen, dass die Zeit für Pillepalle vorbei ist und sogar in der EU noch ambitionierteren Zielen bei der CO2-Einsparung zugestimmt. 68–73% Reduktion bis 2030 für Deutschland. Nur wie der Weg dorthin aussehen soll, ist völlig unklar. Zumindest der Regierung. Die Verkehrswende wird erfolgreich blockiert, die Agrarwende genauso. Kohleausstieg: Ja, gerne. Später dann. (Mit den jetzt angenommenen Reduktionszielen müsste 2030 Schluss sein) Statt einer schnell wirksamen CO2-Steuer wird auf Emissionshandel gesetzt.

Im deutschsprachigen Raum haben sich 26.800 WissenschaftlerInnen hinter FridaysForFuture gestellt. Wir (ScientistsForFuture, S4F) unterstützen ihre Ziele und die KlimawissenschaftlerInnen unter uns haben die Richtigkeit ihrer Behauptungen bzgl. Klima bestätigt. S4F sieht sich selbst nicht als NGO oder Aktivisten in der Klimabewegung sondern eher als Faktenchecker, die FFF oder andere KlimaaktivistInnen mit ihrer Expertise unterstützen. Das ist einigen WissenschaftlerInnen nicht genug: Sie haben sich als climatewednesday.org zusammengetan, um FFF auch durch Mahnwachen und aktive Umorganisation der Gesellschaft und dabei insbesondere des akademischen Bereichs zu unterstützen. Zur Zeit gibt es jeden Mittwoch Aktionen in Adlershof, an der HU (Hauptgebäude), der TU, der FU, in Potsdam und in Leipzig. Ziel hier ist die Mobilisierung für die Aktionswoche von FFF im September und insbesondere für die große Demo am 20.09. Die Aktionen von climatewednesday.org dauern immer eine Stunde und jede und jeder kann dort seine Mittagspause verbringen.

Die Aktiven von climatewednesday.org haben eine Liste von Vorschlägen ausgearbeitet, die sie den jeweiligen Universitätsleitungen unterbreiten werden. Hauptziel ist die Klimaneutralität der Universitäten bis 2035. Eine Studie der ETH Zürich hat festgestellt, dass 50% ihres CO2-Ausstoßes durch Reisetätigkeit verursacht wird. Davon sind 93% Flügen zuzuordnen. Höchstwahrscheinlich wird das für die deutschen Universitäten genauso sein. Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer von der TU Berlin hat überlegt, wie man den CO2-Ausstoß pro Jahr um 10% reduzieren könnte und dabei bietet sich eine Reduktion der Flüge an. Es ist klar, dass die Nachfrage nach Flügen auch mit deren Preis zu tun hat und dass das Hauptziel daher sein muss, die Subventionen des Flugverkehrs abzuschaffen und Steuern zu erhöhen. Das ist ein politisches Ziel, für das wir uns gemeinsam mit FFF einsetzen. Aber wir können als AkademikerInnen auch selbst zur Verringerung des CO2-Ausstoßes beitragen, indem wir unser Handeln hinterfragen, unseren Konferenzbetrieb anders organisieren und Flüge einfach vermeiden. Prof. Schäfer hat deshalb eine Selbstverpflichtungsaktion zum Verzicht auf dienstliche Kurzstreckenflüge gestartet, die inzwischen auch an der Uni Potsdam, der HU Berlin, der Uni Leipzig und der Beuth-Hochschule angelaufen ist. Bisher haben schon fast 1.000 Menschen unterschrieben. Das Ziel sind bis zur Übergabe an FFF am 20.09. 2000 Unterschriften. Die Seiten der Selbstverpflichtungsaktionen an den jeweiligen Hochschulen sind auf einer gemeinsamen Seite von climatewednesday.org verlinkt.

Am 20.09. haben FridaysForFuture zur weltweiten Protestaktion #AlleFürsKlima aufgerufen. Es ist wichtig, ein Zeichen zu setzen und die Forderungen von FridaysForFuture an die Politik zu unterstützen. Es wird einen ScientistsForFuture-Block geben und ich möchte alle aufrufen, an dieser Demonstration teilzunehmen, auch wenn es nur kurz in der Mittagspause ist. Verdi, die GEW und der DGB rufen ihre Mitglieder auf, an der Protestaktion (in der Pause/im Urlaub) teilzunehmen und auch der Papst findet, dass wir etwas tun sollten. Jede/jeder Einzelne. (May God, “the lover of life” (Wis 11:26), grant us the courage to do good without waiting for someone else to begin, or until it is too late.)

Für BerlinerInnen: Die Demo findet ab 12:00 am Brandenburger Tor statt. Das ist die perfekte Zeit für die Mittagspause.

Also: Auf alle Fälle am 20.09. demonstrieren und ansonsten auch die Selbstverpflichtung unterschreiben.

Bestellt alles ab!

Das ist einer von vielen Tipps, wie Ihr Euren CO2-Fußabdruck verkleinern könnt.

Gibt es bei Euch auch diesen Haufen Papier, der jeden Tag im Briefkasten ist? Wochenzeitung, Werbung von der Post (extra eingeschweißt in Plaste-Verpackung), Kataloge, Zeitschriften? Gegen Wochenzeitungen hilft ein Aufkleber am Briefkasten. Gegen Werbung von der Post und sonst wem auch. Irgendwann mal irgendwo etwas bestellt und seitdem einmal im Jahr den Katalog? Zwei Mal im Jahr? Noch öfter? Am besten immer sofort, wenn ein Katalog kommt, diesen abbestellen. Hinten ist die Kundennummer drauf. Mail an Versender und Ihr seid raus. Helft den anderen Familienmitgliedern: Darf ich für Dich diesen Katalog abbestellen?

Diese Zeitschrift: Lest Ihr sie überhaupt noch? Ich habe letzte Woche die c’t abbestellt, weil ich eigentlich nur die FAQ und Tipps und Tricks regelmäßig lese und ansonsten einzelne Artikel. Dafür habe ich ein online-Abo, das reicht völlig.

Berufliches Zeug: Braucht Ihr das? Ja, diese Hochschullehrerzeitung. Da steht ab und zu etwas Interessantes drin, aber irgendwie kommt man doch nicht zum Lesen und sie liegt nur rum. Abbestellt. Jahresberichte und Einladungen von Institutionen, mit denen Ihr irgendwann mal etwas zu tun hattet? Das Forschungsmagazin der DFG (auch noch von Wiley). Abbestellt.

Zeitschriften und Broschüren: abbestellt

Schwuppdiewupp einen ganzen Haufen Papier und den Versand eingespart. Eigentlich einfach, aber man muss dranbleiben. Schafft Ihr. =:-)

Und noch ein Tipp zum Schluss: Wenn Ihr keine unverlangte Werbung haben wollt, könnt Ihr Euch bei der Robinson-Liste eintragen. Die gibt es für Deutschland und einige andere Länder. Da kann man auch seine Telefonnummer hinterlegen. Dann ist Ruhe. Wie auf einer Insel.