Seit Beginn des Crowdfundings für das Olympia-Projekt (siehe Warum ich Olympia gut finde) gab es immer wieder tweets von denselben Accounts mit denselben Kommentaren. Einer dieser Accounts hat auch meinen Blogpost taz lügt nicht kommentiert. Auf die Frage, was sie denn eigentlich wollten, kam keine Reaktion. Nach einem Gesprächsangebot kam keine Antwort mehr. Bei einem anderen Account, war es sehr klar, was der Account-Inhaber möchte:
Ich hatte als Antwort auf eine Kritik geschrieben, dass wir die gegenwärtigen Probleme nur zusammen lösen können und MarktIsMuell dazu aufgefordert, mitzumachen. Nachdem ich aber seine RAF-Statements gesehen hatte, habe ich die Aufforderung zurückgenommen:
MarktIsMuell fordert: „Deutschland muss brennen.“ Ja, es wird brennen. Es hat bereits gebrannt. 2019 ist der bisher größte Schaden entstanden und die Schäden werden noch größer werden (Bericht vom rbb): Die Wälder in Brandenburg und anderswo sind ausgetrocknet, sie brennen wie Zunder. Solche bzw. noch schlimmere Brände gilt es zu verhindern. Die Frage ist wie.
Hengameh Yaghoobifarah argumentiert heute in der taz gegen Olympia und fordert, dass linke Protestkultur wieder radikal wird:
Lasst uns im neuen Jahr stattdessen dafür sorgen, dass linke Protestkultur wieder radikal wird.
Hengameh Yaghoobifarah, taz, 30.12.2019
Was ist damit genau gemeint? Linksradikalismus? Laut Wikipedia ist der Begriff Linksradikalismus eine Selbstzuschreibung und nicht genau definiert. Was brauchen wir jetzt? Wir brauchen radikale Schritte: eine radikale Energiewende, eine radikale Verkehrswende, eine radikale Agrarwende, radikale Veränderungen beim Konsum und bei den Finanzen. Aus dem ganzen Klimaschlamassel kommen wir nicht raus ohne Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd, zwischen oben und unten, global, national, regional. Wir brauchen linke Politik. Das alles muss sehr schnell gehen, wenn wir uns nicht selbst abschaffen wollen. Wir brauchen eine Revolution! Revolution ist wie folgt definiert:
Eine Revolution ist ein grundlegender und nachhaltiger struktureller Wandel eines oder mehrerer Systeme, der meist abrupt oder in relativ kurzer Zeit erfolgt. Er kann friedlich oder gewaltsam vor sich gehen. Revolutionen gibt es in den verschiedensten Bereichen des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens. Als Antonyme gelten die Begriffe Evolution und Reform: Sie stehen für langsamer ablaufende Entwicklungen beziehungsweise für Änderungen ohne radikalen Wandel.
Brauchen wir eine gewaltsame Revolution? Wenn wir eine wollten, wer würde die machen? Sollte das nicht eine Mehrheit sein? Wenn es keine Mehrheit ist, was kommt dann nach der Revolution? Die Diktatur dieser Minderheit? Wenn es eine Mehrheit ist, sollten wir dann nicht mit dieser Mehrheit etwas ausrichten? Sollten wir nicht dafür sorgen, dass wir in einer Gesellschaft miteinander leben können, die handlungsfähig ist? Dazu brauchen wir mehr BürgerInnenbeiteiligung und Lobby-Kontrolle. Viele PolitikerInnen haben jede Scham verloren: Sie wechseln nach dem Ende ihrer Amtszeit direkt in den Vorstand von Auto-, Gas- oder Kohlefirmen. Und mit solch einer Art „Altersabsicherung“ in Aussicht machen sie auch entsprechende Politik. Das muss sich ändern. Dafür und für die Erweiterung unserer Demokratie durch repräsentative BürgerInnenversammlungen kämpft der Verein Mehr Demokratie e.V., einer der Berater des Olympia-Projekts.1
Was meint Hengameh Yaghoobifarah mit radikal? Ziviler Ungehorsam kann es nicht sein, denn den haben wir ja schon: Ende Gelände, Extinction Rebellion, Sand im Getriebe und Am Boden bleiben gibt es bereits (Bilder). All diese Bewegungen sind gewaltfreie Protestformen. Es kann nur gewaltfrei gehen. Ich war am 8.10.1989 in der Gethsemanekirche. Die Polizei stand davor. Mit Gewalt hätten wir keine Chance gehabt und auch jetzt ist Gewalt keine Lösung (siehe auch Fun with Extinction Rebellion). Unsere Kinder kämpfen seit einem Jahr für eine Zukunft. Wollt Ihr, dass sie zu Waffen greifen? Wollt Ihr das?
Die Situation jetzt ist anders als vor 30 Jahren. Damals gab es eine Krise im Ostblock, die Krise, in der wir uns jetzt befinden, ist eine globale. Ich habe mich in London mit einem XR-Mitglied unterhalten und er hat mir von einer Handvoll Superreicher erzählt, die jemanden von XR zum Vortrag eingeladen haben. Er wollte ihnen den üblichen Klimavortrag halten, hat dann aber festgestellt, dass sie nur wissen wollten, was sie tun müssten, um nach der Revolution am Leben gelassen zu werden. Das ist eine lustige Geschichte, denn XR möchte die Demokratie durch repräsentative BürgerInnenversammlungen ergänzen und nicht Superreiche umbringen und die Demokratie abschaffen, aber der Punkt ist, dass, wenn wir nicht jetzt sofort handeln, niemand am Leben bleiben wird, jedenfalls nicht so, wie wir jetzt leben und auch der ganze akkumulierte Reichtum wird einfach wertlos sein.
Die Revolution im Osten war gewaltlos. Sie hätten geschossen. Die Armee stand bereit. Nach dem Oktober und November gab es runde Tische. Die Ossis wurden drüber gezogen, weil sie keine Ahnung hatten. Olympia könnte der Prozess sein, bei dem sich die Gesellschaft (zumindest in einem Land) darüber klar wird, was geht und wie. Die Transformationen sind nur zu bewerkstelligen, wenn wir alle mitnehmen. Sorry, auch wenn das manchen Linksradikalen weh tut: Wir brauchen alle oder zumindest viele, wir brauchen die 27%, die uns schon abhanden gekommen sind. Es hilft nicht, wenn wir Revolution machen und dann hinterher feststellen: Ups, der einzige hier draußen bin leider wieder ich.
Nochmal: Die entscheidende Frage ist, wie man den radikalen Wandel einleiten kann, den wir jetzt brauchen. Die RAF hatte irgendwie die Idee, ein paar miese Typen umzubringen und dann würden die Massen ihnen zustimmen und dann wäre alles gut. Das hat nicht ganz geklappt, was die RAF auch eingesehen hat, weshalb sie sich dann aufgelöst hat.
Die auf Wettbewerb und Maximalprofit ausgerichteten Gesellschaften haben nun eine Situation herbeigeführt, in der unsere Weiterexistenz bedroht ist. Man kann jetzt darauf warten, dass sich eine revolutionäre Situation ergibt und irgendwie RAF 2.0 spielen. Oder man versucht, ein paar Bremsen einzuziehen: Grenzen für Kapitalakkumulation, Vermögenssteuer, Finanztransaktionssteuern usw. Bessere Beiteilung aller an demokratischen Entscheidungen, weniger Lobbyeinflußmöglichkeiten usw. Olympia ist mehr oder kann mehr sein, als ein paar Petitionen. Es könnte ein großer runder Tisch werden, an dem wir uns alle klar darüber werden, wie ein Weiterleben möglich sein könnte. Warum sollte so etwas funktionieren? Warum sollten die 1% uns irgendetwas abgeben? Die Antwort ist einfach: Auch sie wollen leben. Ihr Reichtum würde ihnen nichts nützen, wenn sie niemanden mehr hätten, der ihn mehren würde. Also: Bevor die gewaltsamen Revolutionen kommen, lasst es uns noch ohne Gewalt versuchen. Gemeinsam mit Extinction Rebellion, Ende Gelände, Am Boden Bleiben, Sand im Getriebe kann Olympia eine weitere Komponente in der politischen Landschaft sein, die Druck auf die Regierenden aufbaut.
Im Alter von 13 Jahren fand ich Knaller total cool. Leider konnte man in der DDR nicht einfach so in den Laden gehen und Knaller kaufen. Es gab nur eine beschränkte Menge von Pyrotechnik zu kaufen, man musste sich rechtzeitig anstellen. Meinen Eltern war das zu blöd und Feurwerkszeug durfte man erst ab 16 Jahren kaufen. Es gab einen Deal: Ich ging früh hin, stellte mich an und mein Vater und meine Schwester kamen dann für die letzte Dreiviertelstunde. Früh hieß 7:00. Der Laden öffnete 10:00. Als ich ankam, standen schon ca. 20 Leute dort. Vor mir in der Schlange standen ein paar Jugendliche mit Kassentenrecorder und hörten Ideal. Sex in der Wüste. „Jeder denkt das eine, doch dafür ist’s zu heiß.“ Es war scheiße kalt. Erinnert Ihr Euch? Damals gab es noch Schnee! Die Typen vor mir waren lustig und irgendwie gingen die 150 Minuten auch vorbei und die Füße wurden mittels Fußbad dann wieder aufgetaut.
Die wirtschaftliche Situation oder zumindest die Versorgung mit Knallzeug besserte sich um 85/86 und es sprach sich herum, dass man „in der Stadt“ Knaller ohne Anstehen kaufen konnte (wir wohnten am Stadtrand), aber irgendwie war mein Interesse an Knallern da auch schon im Abflauen: Ne Stunde für ein bisschen Knallen rumzufahren, war mir dann auch zu blöd.
Im August 1989 zog ich in die Innenstadt und ich erinnere mich noch sehr genau an eine Silvesterparty, die 1995 oder 1996 stattgefunden haben muss. Wir wohnten in der Nähe der U-Bahn und die Party-Gäste, die bei uns ankamen, hatten den Horror in den Augen: Von der U-Bahn bis zu uns war es ein einziger Spießrutenlauf gewesen, weil irgendwelche Weirdos Raketen über die (hier oberirdisch als Hochbahn fahrende) U-Bahn auf die andere Straßenseite geschossen hatten. Es war unser letztes Silvester in der Stadt. Seitdem fliehen wir jedes Jahr nach Brandenburg.
Dort war Ruhe. Für ’ne Weile. Häuser wurden gebaut. Mehr Menschen wohnten in der kleinen Stadt, in der Straße, in der wir die Zeit über Neujahr verbrachten, und irgendwann wurde dann auch dort kräftig geknallt. Nicht vergleichbar mit Berlin, wo es praktisch von 16:00 bis 3:00 oder 4:00 geht aber immer noch irrwitzig: Vor zwei–drei Jahren gab es am 31.12. strahlenden Sonnenschein. Glasklarer, wunderschön blauer Himmel. Es war eine stabile Wetterlage und für den kommenden Tag war dasselbe Wetter vorhergesagt. Aber am 1.1. war alles grau und verhangen (Der Wetterbericht für den aktuellen Tag hatte sich nicht geändert, die Wetterstationen konnten den Dreck ja nicht „sehen“). Es war der Dreck, den wir selbst erzeugt hatten. Der Neujahrslauf an der Oder war eher deprimierend.
Die Deutsche Umwelthilfe hat einen Newsletter zum Thema Knallerei geschickt, aus dem hervorgeht, dass 2018 133 Millionen Euro für Silvesterknallerei ausgegeben worden sind. Geld für etwas, das der Umwelt erheblich schadet, was Verletzungen wie zerstörte Augen und abgesprengte Gliedmaßen mit sich bringt. Brände2, Müll. Schlicht: Irrsinn. Es gibt seit Jahren Aktionen wie Brot statt Böller, aber auch seit Jahren größer, lauter, billiger werdende Feuerwerke. Von der Party in den 90ern habe ich noch eine Knallerbatterie in Erinnerung, die vor dem Haus gezündet wurde. Ich dachte, eine U-Bahn würde entgleisen. Tiere geraten in Panik. Haustiere aber auch Vögel. Die Vögel kreisen über dem Boden, um der Gefahr zu entfliehen, bis sie dann entkräftet sind und nicht mehr können.
Zusammenfassend kann man sagen: Es ist wie mit allem: Der Überfluss bringt uns um. Drei Knaller zu knallen, die man gerade noch so ergattern konnte, ist nicht so schlimm, aber der Dreck und der Lärm, den wir jetzt jedes Jahr produzieren, hat gigantische Ausmaße erreicht. Städte beginnen feuerwerksfreie Zonen auszuweisen oder die Knallerei ganz zu verbieten. Man kann ein großes, schönes Feuerwerk für alle organisieren. Umsonst und draußen. Das wäre vernünftig: weniger Streß, ungefährlich, ökologischer.
Bis es flächendeckend so weit ist, bleibt nur der Verzicht der Einsichtigen. Ja, wir brauchen Verzicht und Verbote. Mit den Kindern haben wir wieder angefangen, erst mit Wunderkerzen, dann mit Knallern und Raketen. Wenigen. Nun sind sie selbst bei Fridays For Future aktiv und wir werden in diesem Jahr ihr erstes Silvester ohne Knallerei mit ihnen feiern.
Die taz hatte am 21.12. einen unsäglichen Artikel über Olympia geschrieben und das Scheitern des Crowdfunding-Projektes verkündet. Der Artikel war tendenziös, personenbezogen und klischeehaft und hat Diskussionsstandpunkte wiederholt, die falsch und einen Monat alt waren (siehe taz lügt nicht). Sie hat damit das Crowd-Funding erschwert und taz-LeserInnen nicht ausgewogen über das Projekt informiert. Ich hatte mir nun überlegt, wie man zum Ausgleich des Schadens Tickets sponsorn kann und wie man das Crowdfunding ankurbeln kann. (Es sah zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht gut aus.) Die Idee war, 100 Tickets zu spenden (3000€) und den Betrag von der taz zu borgen. Ich bin taz-Genossenschaftler und habe Anteile für 2500€ gezeichnet. Wie ich in taz lügt nicht dargestellt habe, war der Plan, die Anteile nach und nach zurückzuzahlen. Beginnen wollte ich im Juli 2020, also nach der Veranstaltung im Olympiastadion. Die Genossenschaftsanteile können nur in Vielfachen von 500€ gezeichnet werden. Ich hatte im vorigen Jahr einen Anteil gezeichnet, die anderen waren älter. Aus der Satzung wusste ich schon, dass ich den gerade gezeichneten Anteil nicht zurückbekommen würde, da es eine Sperrfrist von zwei Jahren gibt. Die restlichen Anteile habe ich gekündigt. Ich bekam dann auch Post von der taz-Genossenschaft:
Aus dem Schreiben geht hervor, dass der Rest meiner 2000€ frühestens im Herbst 2022 ausgezahlt werden können. Da ich nun aber ab Juni 2020 ohnehin die Anteile wieder einzahlen wollte, geht mein Plan also nicht auf. Schade, aber letztendlich muss das ja genau so sein, denn sonst könnten Ich-künige-mein-Abo/meine-Anteile-Wüteriche den Geschäftsbetrieb der taz erheblich stören.
Finanziell macht es für mich keinen Unterschied, ob ich der taz jetzt mitteile, dass ich von der Kündigung zurücktrete oder ob ich das erst im Juli 2020 tue, denn das Geld würde ich so wie so erst 2022 bekommen. Damit bis Juli zu warten entspräche aber dem Ich-kündige-mein-Abo-Ansatz, der verlangt, dass die Artikel 100%ig der eigenen Meinung entsprechen und den ich immer doof fand. Auch wenn die taz manchmal schräges Zeug schreibt (bzw. Steile Thesen raushaut wie Billigflüge sind ein Segen), so ist sie doch eine gute Zeitung und eine, die wir gerade jetzt brauchen.
Also: taz kann die Anteile behalten und ich gucke mal, wie ich die Tickets ohne taz-Kredit bezahle.
Um meine Gedanken (es sind viele) zu ordnen, mache ich mir hier eine Wunschliste für den weiteren Verlauf des Olympia-Prozesses. Wenn Euch was einfällt, schreibt was in das Kommentarfeld.
Streaming der nächsten Veranstaltung, die ja den Rahmen für das kommende halbe Jahr vorgeben wird
Bis zum 20.09.2019 habe ich einen täglichen Tipp zum Energiesparen verfasst. Nachdem dann das Klimapäckchen verabschiedet war, habe ich eingesehen, was viele schon vorher gesagt haben: Wir haben ein politisches Problem! Wir können hier und da etwas einsparen und müssen das auch und sollten auch wirklich jede und jeder überlegen, wie wir unsere Leben klimagerecht führen können, aber wichtiger sind die großen politischen Weichenstellungen. Nun möchte ich doch noch einen solchen Energiespar-Post schreiben. Es geht um Smart-Homes, aber wahrscheinlich ist die Geschichte über den Auslöser fürs Schreiben länger als der Smart-Home-Teil.
Online-Werbung
Der konkrete Anlass für diesen Post ist ein Artikel im Satire-Magazin Der Postillon. Im Artikel geht es darum, dass eine Familie ein Kohlekraftwerk im Garten betreiben muss, damit sie die Weihnachtsbeleuchtung betreiben kann. In Werbeanzeigen in diesem Artikel wurden Dinge beworben, die sehr energieintensiv sind. Solche Clashes zwischen Inhalt und Werbung findet man öfter. Zum Beispiel wirbt die Zeit in einem Klimaartikel für Fernreisen.
Auch Angebote von Billigfliegern findet man in Klimaartikeln.
Die Werbung ist für die Firmen an dieser Stelle rausgeschmissenes Geld. Es ist klar, dass es eine Trennung zwischen Redaktion und Werbung gibt, aber dennoch denke ich (als Computerlinguist), dass man inzwischen in der Lage ist, den Inhalt von Dokumenten automatisch zu erfassen und die Werbung darauf abzustimmen. Im Fall der Zeit-Werbung ist aber die Zeit selbst für die Bewerbung der Zeit-Artikel zu Fernreisen verantwortlich. Nun gut, jetzt zum Postillon.
Kohlekraftwerk im Garten für die Weihnachtsbeleuchtung und für Wäschetrockner
Der Postillon hat einen (satirischen) Artikel über eine Familie veröffentlicht, die ein Kohlekraftwerk im Garten betreibt, weil sonst der Strombedarf für die Weihnachtsbeleuchtung nicht sichergestellt werden kann. Das ist schon mal lustig, aber noch viel lustiger ist, dass in diesem Artikel Werbung für Wäschetrockner geschaltet wird.
Wäschetrockner sind so ziemlich das sinnloseste Gerät im Haushalt. Sie haben einen enormen Energieverbrauch und man kann sehr leicht auf sie verzichten, weil Wäsche auch so trocknet. Im Winter ist das gut für die, die in zu trockenen Neubauwohnungen leben, und im Sommer ist es gut, weil es kühlt (schreibt sogar die Bild-Zeitung). Ich habe Trockner ausführlicher in Wäschetrockner abschaffen diskutiert.
Smart-Home
Was auch im Postillon-Artikel beworben wird, sind Smart-Home-Leuchtmittel.
Diese Lampen kann man über das Handy oder Tablet steuern. Sie befinden sich im WLAN und sind jederzeit erreichbar. OK, ich gebe zu, das ist cool. Ich bin ein Nerd. Ich habe mir auch solche Dinger gekauft. Vor nem Jahr oder so. Hey, man kann im Kinderzimmer das Licht ausschalten, ohne hinzugehen. Toll. Ich hatte sowas gekauft, wahrscheinlich sogar genau das beworbene Produkt. Ich hatte es installiert und es funktionierte. Aber dann habe ich nachgedacht (dauert bei mir mitunter etwas länger) und habe festgestellt, dass das kompletter Irrsinn ist. Wieso soll ich in jedem Zimmer Lampen haben, die sich ständig miteinander bzw. mit der Steuereinheit unterhalten. Die müssen ja auch wach sein, wenn ich schlafe. Was für ne Energieverschwendung. Ich habe es dann am nächsten Tag wieder zurückgebracht. Ging zum Glück problemlos, obwohl ich es in einem Laden gekauft hatte.
Es gibt Smart-Home-Anwendungen, die zum Energiesparen beitragen können. Zum Beispiel kann man die Heizung steuern, so dass sie anspringt, wenn Person X sich dem Haus nährt oder sich vom Büro entfernt. Aber noch viel besser wäre es natürlich, wenn man Gebäude so isolieren bzw. konstruieren würde, dass man überhaupt keine Heizung braucht (#Passivhaus). Dann bräuchte man auch diesen Datenoverkill nicht.
Spaß im WLAN
Ich war zur Weihnachtsfeier der Tödlichen Doris. Es ging um ein Reenactment der Platte Das Typische Ding (Spiegel-Rezension). Auf dieser Platte sind die Geräusche von 31 Vibratoren zu hören. Für die Weihnachtsfeier, auf der die Veröffentlichung der japanischen Version gefeiert wurde, war auch eine Expertin zum Thema Vibratoren eingeladen: Katrin Kämpf testet seit Jahren für das L-Mag Vibratoren.
Katrin Kämpf berichtete ausführlich über diverse Modelle, Probleme bei der Handhabung und – und deshalb wird das hier überhaupt er wähnt – Probleme beim Datenschutz. Sie berichtete von einem Modell, das man per Handy steuern kann. Immer wenn man den Vibrator benutzt, ist das Gerät im WLAN sichtbar ….
Kann man mögen, muss man aber nicht. Gleiches gilt auch für Beleuchtung.
Schluss (für dieses Jahr)
Den Postillon-Artikel hatte ich gestern Abend gelesen. Heute früh habe ich beim Schreiben dieses Blog-Eintrags noch einmal nachgeguckt und diese Werbung gesehen:
Das ist die einzige Werbung, die mich in diesem Jahr erreicht hat. Meist arbeite ich ohnehin mit Adblocker oder bezahle, damit ich das Geflacker nicht ertragen muss, und Werbung wie die oben oder Auto-Werbung ist für mich irrelvant.
Aber ja, die Krankenkassenwerbung hat mich erreicht: Heute wird twitter abgeschaltet.
Zusammenfassend kann man sagen:
Die Werbetreibenden könnten den Effekt ihrer Werbung erhöhen, wenn sie die Inhaltsanlyse von Dokumenten verbessern würden.
Seit über einem Jahr tobt die Diskussion über das Fliegen in und durch die deutschen Zeitungen und man würde denken, es sei alles gesagt. Den Artikel von Niels Boeing in der Zeit habe ich schon kommentiert. Und es gab auch schon eine Diskussion zum Beitrag von Tadzio Müller zum Thema Flugscham in der taz. Nun, auf ein Neues!
Als Vorbemerkung muss ich sagen, dass ich mich heute schon mal über die taz geärgert habe (wegen Olympia), weshalb der Post vielleicht etwas heftiger ausfällt. Der Blutdruck ist immer noch oben.
Klaus Hillenbrandt (KH) schreibt in der taz über WanderarbeiterInnen in der EU und dass diese doch auch ein Recht hätten, ihre Familien zu sehen und dass deshalb Billigflüge ein Segen seien.
Soziale Gerechtigkeit und das Recht auf Billigflüge
Klaus Hillenbrandt argumentiert, dass doch die Arbeiter aus Litauen ein Recht darauf hätten, ihre Familien zu hause zu besuchen und dass man ihnen die Billigflüge von Ryanair doch gönnen sollte. Zu Ryanair unten noch mehr. Es ist richtig, dass es innerhalb der EU Probleme und ein Reichtumsgefälle gibt. Aber was in KHs Argumentation ganz aus dem Blickfeld gerät, ist, dass wir ein globales Problem haben. Ein massives! Inseln versinken im Ozean, die Ernährung und Wasserversorgung von Millionen Menschen ist nicht gewährleistet. Millionen Menschen sind auf der Flucht! Und es werden mehr werden. Was fordern die Jugendlichen von Fridays For Future jede Woche seit über einem Jahr? What do they want? Climate justice! When do they want it? Now! Jibs och uf Berlinerisch.
Was bedeutet das? Das bedeutet, dass wir nicht auf Kosten des Südens leben können und zwar nicht des Südens in der EU sondern des globalen Südens. Es ist einfach unzulässig, das Recht darauf, seine Familie billig besuchen zu fahren über das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen.
Ryanair
Was mich sehr erstaunt hat, ist, dass KH mit Billigflügen von Ryanair argumentiert und dass irgendwer ein Recht darauf habe. Ryanair ist eine der schlimmsten europäischen Firmen. Sie sind seit Jahren bemüht, Schlupflöcher zu finden, wie sie an Mindestlohngesetzen und dergleichen vorbei kommen. Sie stellen PilotInnen nicht direkt ein und finden auch sonst allerlei kreative Wege, ihre MitarbeiterInnen maximal auszubeuten.
Ryanair ist ein Sicherheitsrisiko für die gesamte Luftfahrt, weil sie, um Kosten zu sparen, mit zu wenig Kerosin starten. Wenn sie dann in Notsituationen nicht landen können, reicht der Sprit nicht und sie müssen sich bei den Landemanövern vordrängeln, weil es sonst ein Unglück geben würde. Das heißt, die niedrigen Preise kommen auf Kosten der anderen Airlines bzw. deren KundInnen zustande. PilotInnen fliegen krank, weil sie sonst kein Gehalt bekommen usw.
Das alles ist in einem sehr guten Video-Beitrag vom WDR dokumentiert.
Das heißt, dass die Billigflüge nur deshalb überhaupt möglich sind, weil PilotInnen und Kabinenpersonal gnadenlos ausgebeutet werden. Von TouristInnen und PendlerInnen gleichermaßen.
Subventionen
Bei der gesamten Diskussion sollte man berücksichtigen, dass der Flugverkehr subventioniert wird, nämlich dadurch, dass keine Steuern auf Kerosin erhoben werden und auch keine Mehrwertsteuer. Erhöbe man solche Steuern, könnte man diese in die Subventionierung des Bahnverkehrs stecken. Die Bahn-Strecken Richtung Litauen würden so auch wieder ökonomisch attraktiv und könnten eventuell wieder betrieben werden.
Klimafolgekosten
Das Umweltbundesamt hat errechnet, dass eine Tonne CO2 den Preis von 180€ haben müsste, wenn man alle externen Kosten einpreisen würde. Bei 9,864 Tonnen CO2 für die Flugreisen wären das 1775€ pro Jahr.
Pendlerpauschalen
Wenn man fände, dass EU-WanderarbeiterInnen ein Recht auf Flugreisen haben, dann könnte man ihnen entsprechende Steuern erstatten. Damit wäre der „Segen der Billigflüge“ schon etwas relativiert. Das liefe aber auf eine Subventionierung von Arbeitverhältnissen mit langen Anfahrtswegen hinaus, was eigentlich kontraproduktiv ist. Dasselbe Problem gibt es national mit Ost-West-Pendelei und lokal mit Stadt-Land-Pendelei. In jedem Fall sollten Pauschalen abgeschafft werden. Warum muss jemand, der sich für 40.000€ ein Auto mit entsprechendem Spritverbrauch leisten kann, vom Staat unterstützt werden? Wenn man soziale Gerechtigkeit ernst nimmt, sollte man die unterstützen, die es brauchen, nicht die anderen.
Visionen für Europa und den Osten, ja die ganze Welt
KH argumentiert mit sozialer Gerechtigkeit: Weil es in Litauen und Rumänien keine Arbeitsplätze gibt, müssen die Menschen in andere, reichere europäische Länder migrieren und dort arbeiten und dann ihre Verwandten besuchen. Wäre es nicht für diese Menschen auch besser, wenn sie in ihren eigenen Ländern leben und arbeiten könnten? Ich war in diesem Sommer in Rumänien. Es gibt dort keine HandwerkerInnen mehr, weil die alle irgendwo anders in Europa unterwegs sind.
Hätten die Ossis nach der Wende es nicht auch besser gefunden, wenn sie weiterhin in Magdeburg, Chemnitz, Brandenburg, Zwickau oder sonst wo hätten arbeiten können?
Würden es nicht viele Menschen aus dem Süden vorziehen in ihren Heimaten zu bleiben? Wenn wir ihnen das ermöglichen wollen, sollten wir aufhören, ihre Lebensgrundlagen zu zerstören. Und wir sollten über fairen Handel und über Umverteilung von Wohlstand nachdenken. Innerhalb der einzelnen Staaten und global. Ein interessanter Weg zu mehr Gerechtigkeit wäre die Einführung von Vermögensteuern. Ulrike Hermann hat über die Vermögenssteuer einen interessanten Artikel geschrieben.
Zusammenfassung
Genauso wenig wie es ein Recht auf Kohlebaggerfahren gibt, gibt es ein Recht auf Billigflüge. Man kann das Recht zu Reisen nicht über das der körperlichen Unversehrtheit von Millionen Menschen stellen. Wir müssen andere Wege finden, die sozialen Problem zu lösen und das Reichtums- und Wohlstandsgefälle abzubauen.
In diesem Post geht es um das Demokratie-Projekt 12062020olympia. Ich habe das Projekt im Blog-Post Warum ich Olympia gut finde bereits beschrieben, hier geht es nicht um das Projekt selbst sondern um die Berichterstattung darüber in meiner Lieblingszeitung der taz. Am 18.11.2019 gab es in der Markthalle neun in Kreuzberg eine Auftaktveranstaltung der OrganisatorInnen und UnterstützerInnen. Ich war da und habe Bilder gemacht. Die taz war wohl nicht da, hat aber eine Woche später negativ berichtet. Ich habe diesen Bericht auf Uninformiertheit zurückgeführt, denn viele Behauptungen, die in diesem Artikel enthalten sind, sind falsch oder einseitig präsentiert. Zudem ist der Artikel von Neid und Mißgunst geprägt, letztendlich auch basierend auf falschen Annahmen. Für die Uninformiertheit muss man leider die OrganisatorInnen verantwortlich machen, denn es gab zum Start des Crowdfunding keine Web-Seite, die alles schön übersichtlich erklärt hätte. Ehm, es gab gar keine Web-Seite. Von der taz hätte man – anders als von der Bild-Zeitung, die ähnlich berichtete – erwarten können, dass sie zum Treffen in der Markthalle kommen, da scheinen sie nicht getan zu haben, denn ihr Artikel bezeugte ihre Ahnungslosigkeit.
OK. Fehler passieren. Auch ist die taz eine Zeitung, in der man durchaus unterschiedliche Meinungen antreffen kann. Auch gibt es ein pro/contra-Format, das ich sehr schätze. So habe ich gehofft, dass es noch weitere Artikel und Diskussion in der taz geben würde. Heute ist ein zweiter Artikel erschienen. Und dieser Artikel ist eine große Enttäuschung. Ich bin nicht nur enttäuscht, ich bin wütend! Ich lese die taz seit fast dreißig Jahren und ich habe mich schon öfter geärgert (z.B. über die Werbung des Rüstungs- und Autokonzerns Daimler in der Jugendtaz), aber wütend war ich eigentlich noch nie. Die „Ich-kündige-mein-Abo“-LeserInnenbriefe fand ich immer irgendwie lustig, sie gehörten zur taz-Folklore dazu. Ich habe nie darüber nachgedacht, mein Abo zu kündigen und denke auch jetzt nicht darüber nach. Aber es fehlt jetzt Geld und ich werde es mir von der taz borgen. Dazu gleich mehr, jetzt erstmal zum Artikel.
Der Artikel in der heutigen Printausgabe der taz hat die folgende Überschrift:
Framing
Im Artikel selbst wird das Wort Hipster wieder aufgegriffen und zwar mit Zitaten:
„Eine Hipsterveranstaltung für eine weiße Mittelstandsblase“ nannten Twitter User*innen das Event
In Kombination mit der Überschrift könnte man vermuten, dass die taz behauptet, dass es sich bei den OrganisatorInnen/zukünftigen TeilnehmerInnen nicht um Hipster handelt. Trotzdem wird in der Überschrift dick und fett das Klischee wiederholt. Die Negation spielt dabei keine Rolle, was man aus der sprachwissenschaftlichen Forschung weiß. Auch wenn man ein falsches Frame negiert, wird es gestärkt. (Das passiert mit dieser Diskussion leider auch, bitte betrachten Sie den Beitrag als wissenschaftlichen Fachbeitrag, ich bin Linguist.)3 Ich habe das auch mit dem Titel des Beitrags gezeigt: In bestimmten Teilen Berlins sieht man Grafitti mit „taz lügt“. Selbst wenn ich diesen Spruch negiere, bleibt immer etwas haften bei der LeserIn, denn die Assoziation zwichen taz und lügen wird bei jedem gemeinsamen Vorkommen der beiden Wörter gestärkt.
Tendenziöse Berichterstattung mit Bezug auf alten Diskussionsstand
Der zitierte Tweet (im PDF der taz verlinkt) ist vom 21.11. also ganz vom Anfang der Diskussion, als noch nicht allen klar war, was genau geplant ist. Wie ich in meinem ersten Blog-Post zum Thema mit Bezug zur nun vorhandenen Web-Seite der OrganisatorInnen dargestellt habe, findet Olympia nicht nur im Stadion statt. Die Veranstaltung wird gestreamt und alle können teilhaben, ob nun am eigenen Bildschirm oder beim Public Viewing vor dem EM-Eröffnungsspiel. Außerdem sind mehr als die Hälfte der Tickets Spenden, so dass Menschen, die es sich nicht leisten können, dennoch teilnehmen können (zu spendenfinanzierten Kliamveranstaltungen siehe unten). Das war der taz auch vor dem Schreiben des Beitrags bekannt. Das weiß ich genau, denn ich hatte meinen Blog-Post mit Hinweis auf die Unterstützung durch Scientists4Future Berlin-Brandenburg und das Erreichen der Millionengrenze an die Redaktion und die LeserInnenbriefabteilung geschickt.
Auch bei diesem Zitat lügt die taz nicht:
Auch ihre Berliner Ortsgruppe hat mittlerweile ein ablehnendes Statement veröffentlicht. Das Olympia-Projekt komme einem „Event näher als einer repräsentativen demokratischen Versammlung“, schreiben sie in einem Statement.
taz zitiert FFF-Statement
Das ist wohl wahr, nur geht es am Punkt vorbei. Es hat nie jemand behauptet, dass Olympia eine repräsentative Versammlung werden solle. FridaysForFuture ist auch nicht repräsentativ. Wir verdanken FFF sehr viel und gerade auch der Berliner Gruppe. Ich denke, dass das die taz auch anerkennt. Die Situation in Bezug auf das Klima ist schrecklich, aber sie wäre noch viel schlimmer, wenn wir FFF nicht (gehabt) hätten. Zu sagen, die Bewegung XY ist nur eine dämliche Mittelschichtsveranstaltung, ist Bildzeitungsniveau. Genauso wurde nun schon ein Jahr gegen FFF argumentiert und wird nun eben auch gegen Olympia argumentiert. Paradoxerweise auch von FFF selber. Hey FFF, Ihr seid auch nicht repräsentativ, aber trotzdem großartig!
Die taz macht sich also formal die Hände nicht schmutzig, sie zitiert ja nur. Das macht sie aber selektiv und tendenziös. Sie hätte erwähnen können, dass die PsychologInnen for Future, die Parents For Future und die Scientists for Future Olympia unterstützen. Sie hätte erwähnen können, dass die Genossenschaftbank GLS-Bank, der Grundeinkommen-Verein, Günter Faltin und die Entrepreneurs For Future, Mehr Demokratie e.V., Open Petition German, Zerochange.org, Demokratie in Bewegung und Schule im Aufbruch dabei sind. Sie hätte erwähnen können, dass es ein Potential gibt, nicht nur das Klimaproblem sondern auch Probleme mit Gleichstellung, Diversität und sozialer Teilhabe Gegenstand von Petitionen sein werden. Das sind alles Anliegen der taz, weshalb diese selektive Berichterstattung sehr verwundert.
Und. Und! Und sie hätte wissen können, dass Olympia am Freitag vor und während der regulären #1JahrNurBlockiert-Demo bei FFF im Invalidenpark war.
Ey, taz, vielleicht habt Ihr die Verbindung zu den Bewegungen verloren. Vielleicht seid Ihr einfach alt und keine Hipster und keine Jugendlichen. Wird’s jetzt unsachlich? Ja! Ich bin wütend! Ich darf das. Ich schreibe hier nur meinen Blog, aber Ihr, Ihr macht ’ne Zeitung und da hat alles sachlich zu sein, außer auf der Meinungsseite oder bei „Die steile These“ vielleicht, aber der Beitrag war auf der Politikseite.
Hipster
Vorweg: Ich mag Hipster auch nicht. Irgendwann so zwischen 2001 und 2010 gab es eine Initiative, den Gneistplatz im Prenzlauer Berg verkehrszuberuhigen. Ich bin da hingegangen und da waren 10 Menschen, die mit sich selbst beschäftigt waren, mich überhaupt nicht wahrgenommen haben und mit Sekt angestoßen haben. Mir war klar: Das ist nicht meine Welt. Ich bin inzwischen aus dem Prenzlauer Berg weggezogen. Wegen der Hipster.4 Aber, liebe taz, kennt Ihr denn die VeranstalterInnen? Habt Ihr mit ihnen gesprochen? Das sind inzwischen sehr viel mehr, als die Einhorn-Leute. Und die Einhorn-Leute persönlich sind auch sehr ok. Was Ihr macht, sind direkte Ad Hominem-Argumente (Ihr greift Personen an, statt Euch mit Inhalten auseinaderzusetzen) und das ist unterste Schublade. Es geht nicht um zehn Personen, die es gern an ihrer Kreuzung leise und abgasfrei haben wollen. Es geht um Menschen, die die drängendsten Probleme unserer Zeit lösen wollen, genauer: Die NGOs und anderen eine Plattform zur Verfügung stellen wollen, mit der wir dann gemeinsam die Probleme lösen können. Warum hasst Ihr sie dafür?
Kommunisten, Sozialdemokraten und Nazis
Lieber taz, was gerade in diesem Land passiert ist genau dasselbe, wie vor 1933. Die Kommunisten und Sozialdemokraten hauen sich die Köppe ein, die Nazis geben ihnen den Rest und übernehmen dann. Wir können die zu lösenden Problem nicht in kleinen Gruppen lösen. Schon gar nicht in der noch zur Verfügung stehenden Zeit. Es wäre also sehr schön, wenn wir uns nicht dauernd selbst die Beine weghauen würden.
Wirklich? Andere Protestformen sind kostenlos?
Und übrigens: Auch Eure Bildunterschrift ist falsch: Der Straßenprotest ist nicht kostenlos.
Am Anfang der Proteste haben FFF-Berlin Geld gesammelt, damit sie ihre Anlage kaufen konnten. Bei den Großveranstaltungen wird eine PA gestellt, die es in sich hat.
Die gibt es auch nicht für Umme. Und? Wo kommt das Geld her? Von uns, von SpenderInnen. Teilweise in Aktionen eingeworben, teilweise auf den Veranstaltungen selbst.
Bei Olympia geht das nicht, denn das Stadion, die Telekom-Infrastruktur, die Bühnen, die Security muss vorher finanziert werden.
Konsequenz: Ich borg mir mal Geld von der taz
Eine positive Berichterstattung in der taz hätte vielleicht 100.000–200.000€ gebracht. Dieses Geld fehlt nun. Ich habe mich deshalb entschlossen, noch 100 Tickets zu kaufen.
Das geht nicht mal eben so. Deshalb werde ich mir das Geld von der taz borgen. Ich bin taz-Genossenschaftler. Schon in den 90er Jahren habe ich überlegt, was mir eine solche Tageszeitung wert ist, und habe seit dem immer wieder Genossenschaftsanteile gekauft. Auch der taz-Stiftung habe ich Geld für das neue Redaktionsgebäude gespendet. Die Genossenschaftanteile habe ich erst vor kurzem wieder aufgestockt, weil wir die taz auf alle Fälle als Stimme in der Klimakrise brauchen. Die Anteile hole ich mir nun aber zurück. Wenn ich nach Olympia dann wieder Geld habe, dann zahle ich es wieder ein.
Ich werde dann sagen können, dass ich dabei gewesen bin. Die taz wird zumindest beim Crowd-Funding nicht dabei gewesen sein. Vielleicht verstehen sie ja, was passiert, wenn die Arbeitsgruppen mit ihrer Arbeit beginnen.
Wer noch unterstützen/Tickets kaufen will, kann das bei startnext tun. Egal ob 15€ oder 30.000€, jeder Euro zählt. Haut rein!
Anhang: Unerwiderte Liebe
Nur damit das wirklich klar ist: Ich liebe die taz! Ich verbringe je nach Arbeitsbelastung 30–60 Minuten täglich mit ihr. Ich frühstücke mit ihr, ich gehe mit ihr ins Bett und ich nehme sie mit auf’s Klo. Die Artikel über Umweltfragen sind hervorragend (meistens), Ulrike Herrmann schreibt sehr aufschlussreich und anders als AutorInnen in anderen Zeitungen über Wirtschaftsthemen. Berichterstattung über den Osten ärgert mich manchmal, aber es gibt mit Anja Meier und Simone Schmollak auch da sehr gute AutorInnen und die taz hat zumindest das Problem mit der Berichterstattung über den Osten erkannt.
Seit ich Geld verdiene (1994), bezahle ich den politischen Preis der taz, der höher liegt als der normale Preis und AbonentInnen mit dem Leider-leider-Preis subventioniert. Seit einiger Zeit habe ich ein online-Abo noch dazu.
Auf twitter hat jemand geschrieben, ich würde mich wie ein vierjähriges Kind benehmen, dem man sein Lieblingsspielzeug nicht gekauft hat. Ich habe dem zugestimmt, möchte das aber revidieren. Die Emotion ist ungleich stärker, denn es handelt sich um unerwiderte Liebe. Ich denke immer noch, dass die taz Olympia gutfinden müsste. Und wer weiß, vielleicht tut sie das ja auch. Wir haben bisher zwei Stimmen aus der taz gehört und das waren jeweils nicht die Umwelt-RedakteurInnen. Diese zwei Artikel haben bei den Olympioniken sehr viel kaputt gemacht, aber meine Liebe ist so groß, dass ich uns eine zweite Chance geben würde.
Die Aktion mit den Anteilen ist ohnehin symbolischer Natur, weil ich die Anteile ja wieder einzahlen werde. Das heißt, dass der Schaden, der entstehen wird, der Höhe der Zinsen/Kursgewinne entspricht, die die taz für das Geld in der Zeit bekäme, die ich zum Rückzahlen brauche. Ich weiß nicht, wie viel das genau ist, weil ich nicht weiß, was die taz mit dem Geld macht, aber der Betrag wird nicht groß sein. Und ich habe auch vor, weiterhin neue Anteile zu erwerben, so dass wirklich kein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Ein politischer Schaden ist natürlich entstanden, aber das liegt an dem unterirdischen Artikel, diesen Schaden hat sich die taz selbst zuzuschreiben.
Zusammenfassung: Liebe taz, Ich hoffe, wir sehen uns im Olympiastadion. Vielleicht könnt Ihr drinnen keinen Stand haben, weil Ihr eine kommerzielle Einrichtung seid. Aber RedakteurInnen sind natürlich herzlichst willkommmen und Ihr dürft die taz natürlich vor dem Stadion verteilen.
Im Zusammenhang mit unserer Selbstverpflichtungsaktion zum Verzicht auf Kurzstreckenflüge habe ich Menschen angeschrieben und sie auch um Mithilfe beim Crowdfunding für #12062020olympia gebeten. Eine Person hat mir geantwortet, dass sie ihre Unterschrift unter die Kurzstreckenflugaktion nicht öffentlich sehen will, weil sie mit Olympia nicht in Zusammenhang gebracht werden will. Das hat mich einigermaßen verwundert. 1) weil ich ja nicht der Organisator von Olympia bin und 2) weil Olympia eine grandiose Sache ist. In diesem Post will ich erklären, was Olympia ist und warum ich die Idee gut finde.
Die Grundidee
Während wir Normalos so darüber nachdenken, ob wir zur FridaysForFuture-Demo gehen sollen oder ob der nächste wissenschaftliche Aufsatz irgendwie doch wichtiger ist und ob wir einen Verein gründen sollten, in dem wir uns dann irgendwann engagieren können, haben ein paar Wahnsinnige aus Kreuzberg beschlossen, das größte Demokratieprojekt zu starten, das Deutschland je gesehen hat. Sie haben das Olympiastadion reserviert, um dann darin am 12.06.2020 Petitionen an den Bundestag zu verabschieden. Man kann sie dafür nicht genug bewundern, auch wenn wir WissenschaftlerInnen viele Dinge sorgfältiger geplant hätten: Wir haben die Zeit nicht! Die geplanten Dinge müssen jetzt stattfinden. In sehr kurzen Zeiträumen. Die Devise „Wir fangen einfach mal an und justieren dann nach.“ ist also genau richtig für die Zeit, in der wir leben.
Das Olympiastadion ist der größte Veranstaltungsort, den es in Berlin gibt. Bis zu 90.000 Menschen passen hinein. Wenn man sicherstellen will, dass alle TeilnehmerInnen gut sehen und hören, scheiden Alternativen, die einem vielleicht einfallen könnten, aus. Einzelpersonen können das Olympiastadion nicht mieten. Deshalb sind die Wahnsinnigen mit ihrer Firma als Vertragspartner für das Olympiastadion angetreten. Damit eine Petition im Petitionsausschuss des Bundestags besprochen wird, braucht man mindestens 50.000 Unterschriften. Die Petitionen sollen im kommenden halben Jahr ausgearbeitet werden (siehe unten) und dann am 12.06.2020 gemeinsam eingereicht werden. Die Veranstaltung wird gestreamt, so dass auch Menschen teilnehmen können, die nicht nach Berlin ins Olympiastadion kommen können oder wollen. Da die Versammlung am Tag stattfindet, an dem auch die Fußball-EM beginnt, werden überall im Land Leinwände für das Public Viewing aufgebaut sein. Es gibt also die Möglichkeit vor dem Fußballspiel Olympia-Content zu streamen.
Die Petitionen werden im Stadion vorgestellt und außerhalb des Stadions gibt es Stände, an denen man ins Gespräch kommen kann. Ein riesiges Netzwerk-Event.
Das ganze wird aufgelockert durch Beiträge von MusikerInnen und anderen Künsterlnnen. Ein riesiges Fest der Demokratie!
Themen und KooperationspartnerInnen
Bisher sind folgende Themen für Petitionen vorgesehen:
Klimaschutz und Biodiversität
soziale Gerechtigkeit
Demokratie
Fridays for Future Berlin und Scientists for Future (S4F) sind Kooperationspartner. S4F unterstützt das Projekt mit wissenschaftlicher Beratung. Es werden derzeit weitere Initiativen angesprochen, ob und wie sie unterstützen wollen.
Die Auswirkungen der Klimakrise werden immer mehr sichtbar und die wissenschaftlichen Prognosen zunehmend bedrohlicher. Zugleich sind die Gegenmaßnahmen völlig unzureichend. Die Mehrheit der Deutschen ist mit dem Klimapäckchen der Regierung nicht zufrieden. Die Regierung irgendwie auch nicht, spricht aber von der „Politik des Machbaren“. Die Petitionen sollen zeigen, wie es anders geht.
Neben den Klimafragen sollen demokratietheoretische Fragen aufgegriffen werden, weil wir jetzt Wege brauchen, um das, was „machbar“ ist, zu erweitern. Wir müssen Dinge tun, die die Politik nicht tun kann, weil sie in Lobbyistennetze verstrickt ist und/oder Angst vor den Medien/WählerInnen hat. Möglichkeiten sind ausgeloste repräsentative BürgerInnenversammlungen (Wikipedia dazu) und Lobbykontrolle, wie sie der Bürgerrat Demokratie als Erweiterung der parlamentarischen Demokratie fordert (Bericht tagesschau).
All die Dinge, die sich die For-Future-Bewegung wünscht, werden nicht umzusetzen sein, wenn soziale Fragen nicht mitberücksichtigt werden. Deshalb liegt ein dritter Schwerpunkt für Petitionen im sozialen Bereich.
Ein vierter Bereich ist noch offen. Dieses Feld kann dann zum Start der aktiven Arbeit an den Petitionen mit einem Thema, das viele interessiert, gefüllt werden.
TeilnehmerInnen: die ersten demokratisch ausgearbeiteten Petitionen und begleitende Demonstrationen
Viele, die zum ersten Mal von der Idee gehört haben, sehen nur das Riesen-Event, aber es ist nicht nur das Riesen-Event sondern noch viel mehr: Die Petitionen werden im halben Jahr vor dem Treffen im Olympiastadion ausgearbeitet und zwar von verschiedenen Arbeitsgruppen: von Menschen, denen das jeweilige Thema auf den Nägeln brennt, und von ExpertInnen, die sich diese Menschen dazu einladen. Das unterscheidet die Olympia-Petitionen ganz wesentlich von den Petitionen, die wir alle schon zu Hunderten unterzeichnet haben. Oft sind Petitionen einfach von Einzelpersonen oder von kleinen Gruppen auf die Reise geschickt worden. Hier werden sie aber von größeren Gruppen ausgearbeitet und man kann auch darauf achten, dass Personen mit verschiedenen sozialen Hintergründen beteiligt werden. Aus den im Vorfeld erarbeiteten Petitionen werden einige ausgewählt, die am 12.06.2020 dann im Stadion besonders präsentiert werden.
Eine solche gemeinsame Ausarbeitung von Petitionen ist bisher einzigartig und ich sehe darin eine große Chance für unsere Demokratie und die Beteiligung der BürgerInnen an den Geschehnissen in diesem Land und dieser Zeit.
Die Bedeutung von Petitionen
Bundestagsmitglieder sagen, dass Petitionen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben und ernster genommen werden. Davon unabhängig befinden wir uns aber in einer besonderen Zeit. Wenn im Juni mit großem Getöse 10 Petitionen verabschiedet werden, die vielleicht 100.000 oder 200.000 UnterzeichnerInnen haben werden (streaming und Unterschriften im Nachgang der Aktion), dann kommt niemand an diesen Petitionen vorbei. Parteien müssen dazu Stellung beziehen. Wir bestimmen die politische Agenda! Und: Es sind Wahlen. Spätestens 2021. Das heißt, wir können festlegen, welche Themen in den Wahlprogrammen auftauchen werden. Die Olympiaidee ermöglicht so, vielen Menschen an demokratischen Prozessen teilzunehmen, die ansonsten verzweifelt zu hause oder auf der Couch eines Psychiaters sitzen würden.
Crowdfunding
Als Internet-Mensch kennt man sich mit Crowdfunding aus, aber für Olympia brauchen wir alle. Deshalb hier eine kleine Anmerkung dazu, wie Crowdfunding funktioniert. Bei Crowdfunding-Aktionen verpflichtet man sich, eine bestimmte Summe zu bezahlen. Diese wird abgebucht und man erwirbt damit ein Recht auf eine bestimmte Leistung. Wenn das Crowdfunding-Ziel nicht erreicht wird, bekommt man aber sein Geld zurück. Die ganze Sache ist also für die GeldgeberInnen komplett risikolos.
Zur Zeit sind 555.000€ eingeworben (update 24.12. morgens: 1.626.818 €). Gebraucht werden aber 1.8 Mio €. Dieser Betrag ist gigantisch, aber er wird für Stadionmiete, Technik und Security gebraucht. Wenn die Rolling Stones im Olympiastadion spielen, kosten Tickets 96€.
Die 96€ gehen nicht komplett auf die Konten der Stones. Davon muss eine riesige Maschinerie bezahlt werden. Der Aufwand für Olympia ist ähnlich (vielleicht abzüglich Kosten für das Feuerwerk zum Schluss, das ohnehin nicht umweltverträglich war), aber viel von diesem Aufwand wird ehrenamtlich geleistet. Die OrganisatorInnen haben ein Ticket mit 30€ kalkuliert, wobei da schon eine CO2-Kompensation mit eingerechnet ist.
Damit das Event stattfinden kann, muss die Abnahme von 60.000 Tickets garantiert sein. Sollte von diesem Geld etwas übrig bleiben, wird das dann für entsprechende Zwecke gespendet.
Bei startnext kann man ein Ticket für sich selbst kaufen, aber auch ein Ticket für sich und ein Ticket, das jemand anders geschenkt bekommt (https://www.startnext.com/12062020/). Man kann auch 1005 oder 1000 Tickets spenden. Wenn die Gesamtsumme nicht zusammen kommt, bekommen die UnterstützerInnen ihr Geld zurück.
Schlussfolgerung
Alles klar? Dann Konto gecheckt und crowdgefundet! Hier gehts zu startnext.
04.12.2019 Beitrag zur Pressekonferenz in der Gründerszene
03.12.2019 Beitrag zur Pressekonferenz im Tagesspiegel
Update: Kritikpunkte
Nachtrag 24.12. In den sozialen Medien und sogar auch in den klassischen werden immer dieselben Kritikpunkte besprochen, obwohl diese in der FAQ der VeranstalterInnen längst abgehandelt sind (leider kam die zu spät in dem ganzen Prozess). Zur unsäglichen Berichterstattung in der taz habe ich einen weiteren Blog-Post geschrieben. Hier noch einmal einige Punkte.
Repräsentativität, regionaler Bias
Nachtrag 24.12 Es kommt immer wieder der Vorwurf, die Versammlung sei nicht repräsentativ für die deutsche Bevölkerung. Das ist ein einigermaßen absurder Vorwurf, denn keine Demo, keine Versammlung ist repräsentativ. Es sei denn, sie wäre extra so zusammengestellt. Dafür, dass solche repräsentativ zusammengestellten BürgerInnenversammlungen Teil unseres demokratischen Prozesses werden, kämpft der Bürgerrat für Demokratie und ich persönlich würde das auch gern im Rahmen von Olympia unterstützen.
Ansonsten: Auch Fridays For Future ist nicht repräsentativ. Sie sind trotzdem großartig.
Genauso ist der Vorwurf eines regionalen Bias kein sinnvolles Argument:
Was ist daran schlimm, dass das in Berlin stattfinden soll? Es haben eben BerlinerInnen organisiert. Genauso könnte das Event in München stattfinden. Ich würde es dennoch unterstützen. Nachteil wäre, dass es in München keinen so großen Veranstaltungsort gibt. Das Olympiastadion ist der zweitgrößte in Deutschland. Und die Petitionen können im ganzen Land ausgearbeitet werden bzw. Menschen von außerhalb können teilnehmen. Extinction Rebellion arbeitet auch landesweit, ja sogar global. Das kann man mit Telekonferenzen machen. Kein Problem.
30.12.2019 Es gibt noch eine besonders schönen, weil so schön absurden Aspekt dieses Vorwurfs: „Das Ganze ist nicht repräsentativ, deshalb machen wir nicht mit.“ Würden sich alle in die Ausarbeitung der Petitionen einbringen, so könnte man sich dem Ideal der Repräsentativität annähern. Zumindest könnten alle Bevölkerungsgruppen beteiligt werden. Beteiligt man sich nicht, bedeutet das, das man auf irgendeinen späteren Termin wartet, zu dem man dann ausgelost wird oder jemand anders, der derselben sozialen Gruppe zugerechnet wird.
CO2-Fußabdruck des Events
Nachtrag 25.12.2019 Es wird mitunter angemerkt, dass das Event selbst einen CO2-Fußabdruck hinterlässt. Dieses Argument ist relativ merkwürdig, wenn man sich überlegt, wie das bei anderen Demos ist. Wenn Menschen sich versammeln, dann müssen sie irgendwie zum Versammlungsort kommen. So fahren Bauern mit ihrem Traktor in die Stadt oder Menschen mit dem Zug zum Hambacher Forst oder zu Ende Gelände in die Lausitz.
Ganz Großbritannien kam zur Rebellion Week nach London, um dort die Innenstadt zu blockieren.
Dass Menschen durchs Land reisen, ist normal für Demonstrationen. Das Stadion-Event kann man durchaus mit Demonstrationen vergleichen (lt. Wikipedia ist eine Demonstration eine in der Öffentlichkeit stattfindende Versammlung mehrerer Personen zum Zwecke der Meinungsäußerung). Der einzige Unterschied ist, dass der Platz im Stadion begrenzt ist, so dass vielleicht nicht alle im Stadion teilnehmen können, sondern das Ereignis per Streaming mitverfolgen müssen. Aber auch bei der Demo am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz konnten nicht alle die Bühne sehen. Eine Millionen Menschen waren einfach zu viel. Genauso bei der #unteilbar-Demo im Oktober 2018. Über 240.000 Menschen waren dabei, nur wenige konnten die Bühne an der Siegessäule sehen.
Würde man die KritikerInnen ernst nehmen, würde das bedeuten, dass wir uns nicht bewegen sollen. Nein, es geht bei Olympia auch um eine Demonstration! Und nur weil wir Ökos sind, heißt das nicht, dass wir nicht mehr zusammenkommen. Und dass es Konzerte gibt, kann man auch niemandem vorwerfen. Der einzige Unterschied zwischen #wirsindmehr, #unteilbar und #olympia ist, dass es Sitzplätze gibt (sehr sinnvoll bei einer neunstündigen Veranstaltung), dass alle besser sehen können und dass die Klos besser sein werden.6
Was nun Olympia von anderen Events abhebt, ist, dass der CO2-Schaden kompensiert wird. Und zwar für alles, was im Stadion stattfindet. Das ist großartig und soweit ich weiß, gab es das bisher nie für irgendeine Veranstaltung. Und wenn man möchte, dann kann man zusätzlich auch die Anreise kompensieren lassen. Auch das ist einzigartig.
Das schöne Geld! Was man damit alles machen könnte!
26.12.2019 Das einzige Argument, das ich halbwegs irgendwie als Argument anerkennen würde, ist: „Mann, 1,8 Mio Euro? Was man damit alles machen könnte!“ bzw. „Mann, was hätte man mit 2 Mio Euro alles machen können!“ Zwei Millionen Euro sind ein Haufen Geld, man könnte damit Projekte im Süden finanzieren, könnte Fridays For Future helfen, könnte die Streikkassen der Workers For Future füllen. Ich denke aber, dass es hier einen Denkfehler gibt: Es gibt diese Summe nur als einen Batzen, weil die Menschen die olympische Idee gut finden. Sie sonst einzuwerben ist nicht einfach. Es gelingt natürlich für manche Projekte. Menschen, die für Olympia gespendet haben, spenden auch bei FFF, bei Unicef, bei Amnesty International, Greenpeace, share the meal (Die haben ne coole app!) und sonstwo.
Aber niemand würde mal eben so zwei Millionen für FFF oder für die Streikkassen der Arbeiter zusammenbekommen.
Einfach weil der Spendenaufruf nicht durchdringt, weil es keine klare Motivation gibt, diese Crowdfunding-Summe zusammenzubekommen, weil die Menschen andere Dinge im Kopf haben usw. Interessanterweise kann Olympia aber auch genau bei diesem Problem helfen: Viele Menschen werden Olympia gemeinsam vorbereiten. Am Tag im Stadion werden noch viel mehr Menschen erreicht. Man kann in diesem Zusammenhang einfach weitere Crowd-Funding-Aktionen oder Spendensammel-Aktionen starten und diese auch im Stadion und davor und danach bewerben. Man stelle sich den ersten Streik mit Crowd-Funding-Streikkasse vor.
Die Olympische Idee ist so groß, dass ganz klar ist, warum manche Angst vor ihr haben.
Emotionalisierung der Massen
Ein Punkt, der immer wieder kommt, aber auf fehlender Information zum Charakter von Olympia beruht, ist folgender: „Ein Event, bei dem zehntausende emotionalisierte Menschen Petitionen durchwinken, ist ein Alptraum. Das hat nichts mit Demokratie zu tun.“ Dem kann ich nur zustimmen! Ich hasse gleichgeschaltete Massen. Insbesondere zusammen mit dem Olympiastadion kommen da ungute Gefühle auf. Ich bin aus dem Osten und weiß, wie es sich anfühlt, wenn Menschen versuchen, jemanden in eine bestimmte Richtung zu drängen. Ich war schon zu DDR-Zeiten in der alternativen Musikszene unterwegs (Gefahrenzone, AG Geige, die Art, die Anderen, Herbst in Peking, Firma, Freygang, Ich-Funktion, Hard Pop (mit Steve Binetti), Papierkrieg, Skeptiker, Feeling B, Sandow, Rosengarten, Freunde der Italienischen Oper, Die goldenen Zitronen)7 und arbeite auch in der Wissenschaft in einem Minderheitenframework (einfach weil es die bessere Theorie ist, ätsch). Ich habe über den Druck und Versuche zur Gleichschaltung auch in Der moralische Druck der Öko-Gutmenschen ist ja wie in der DDR geschrieben.
Aber: Olympia ist etwas ganz Anderes: Olympia ist ein Prozess, nicht nur ein Event. Das Event ist in der Mitte, aber davor gibt es drei große Phasen: 1) das Crowdfunding 2) die Zusammenstellung der Arbeitsgruppen, die Ausarbeitung der Petitionen, die Auswahl der Petitionen, die ins Stadion kommen. Die Hoffnung ist, dass die fast 30.000 UnterstützerInnen von Olympia und viele mehr sich an diesem Prozess beteiligen. Bisher ist Olympia fast ausschließlich in den sozialen Medien organisiert worden, weil die Presse der Idee wegen anfänglicher Nicht- bzw. Fehlkommunikation dem Projekt feindlich gegenüber stand (Ausnahmen sind RBB und ZDF [nennt mir mehr positive Beispiele]). Das wird hoffentlich jetzt anders. Die OrganisatorInnen haben auch einen entsprechenden Liebesbrief an die Medienschaffenden geschrieben. Der ganze Prozess wird also maximal transparent und öffentlich stattfinden. Wenn die Presse nicht will, dann machen wir auch das eben ohne sie, aber wir sind viele, so dass es für entsprechende Nachrichten auch einen Markt gibt [=:-(] und vielleicht wird es ja doch noch eine große Liebe. Ich würde nun erwarten, dass alle, die ins Stadion kommen und alle, die den Tag an irgendwelchen Bildschirmen oder Leinwänden verfolgen, sich mit den Themen beschäftigt haben. Oder vorsichtiger: viele.
Wenn die Petitionen mehrere Wochen vor dem Stadionereignis auf dem Bundestagsserver freigeschaltet werden, könnten sie bereits vor dem 12.06. die Quote von 50.000 Unterschriften erreicht haben, so dass es auch auf Einzelstimmen nicht mehr so ankäme. Es gäbe also keinen Grund, irgendwie Druck aufzubauen, und jede/jeder könnte sich frei entscheiden.
Letztendlich hängt natürlich viel von der Präsentation und der Moderation des Events ab. Die Petitionen selbst müssen natürlich mit Schwung vorgestellt werden, aber die Moderation könnte ja ein nüchterner und langweiliger Wissenschaftler übernehmen. Rauschartige Zustände wie zuletzt beim Crowdfunding von Olympia lassen sich dadurch vermeiden, dass im Stadion keine Zahlen über Petitionszeichnungen bekannt gegeben werden. Die Zahlen kann man zwar normalerweise auf den Petitionsseiten sehen, aber es ist sicher möglich, den Betreiber der Petitionsseiten des Bundestages darum zu bitten, die Anzeige der Zahlen auszuschalten. Die Ergebnisse würden dann nach dem Ende oder zum Ende der Veranstaltung bekannt gegeben.
Olympia ist mit diesem Höhepunkt in der Mitte nicht vorbei. Wenn wir am Freitag zehn oder wie viel auch immer Petitionen verabschiedet haben werden, heißt das nicht, dass die am Montag im Bundestag besprochen werden und am Dienstag ist die Welt oder zumindest das Land in Ordnung. Die Petitionen werden nach und nach in den Bundestag kommen und das muss von uns begleitet werden und zwar mit Action! Demonstrationen, Mahnwachen, was auch immer. Das heißt, es liegt ein Jahr Arbeit vor uns. Was brauchen wir dafür? Tja: Emotionen. Ärger (Jonny Rotten: Anger is an energy), Trauer, Wut, Fröhlichkeit. Möglichst in der richtigen Mischung und zur richtigen Zeit. Ich war im Oktober in London und es hat mich sehr beeindruckt, mit welcher Leichtigkeit und Effektivität Extinction Rebellion dort protestiert und blockiert hat.
Auch bei Fridays For Future-Demonstrationen spielen Emotionen eine Rolle: Wut, Wut auf uns Erwachsene, die das mit dem Klima nicht hinkriegen. Die ein Jahr lang nur blockiert haben. Also nicht wir jetzt sondern die anderen …
Wir brauchen Emotionen. Wir brauchen sie für das kommende Jahr. Im Stadion aber sollten wir den Ball flach halten.8
Emotionen, die wir nicht brauchen, sind Hilflosigkeit, Ohnmacht und die sich daraus ergebende Verzweiflung und Depressionen. Aber dagegen gibt es ein Mittel: Mitmachen im Olympia-Jahr! Los!
Nach der Katastrophe am 20.09. war ich so schockiert, dass ich erst mal aufgehört habe mit meinen Ökotipps. Es ist, wie alle sagen: Das, was wir erreichen können mit Dingen wie weniger heißes Wasser beim Duschen verbrauchen, ist Pillepalle im Vergleich dazu, was die Bundesregierung erreichen könnte, wenn sie mehr als Pillepalle machen würde. Natürlich müssen wir jede und jeder selbst etwas tun, aber wir müssen auch die Regierung dazu bewegen, sich zu bewegen. Noch mehr.
Jetzt aber doch wieder einen Tipp, denn es wird Winter. Die energieintensive Zeit.
Am 14.11. bin ich zu Gravis gegangen, weil ich einen Adapter brauchte. Auf dem Weg nach draußen habe ich bemerkt, dass die Tür nicht richtig schließt. Das liegt oft daran, dass die wärmere Luft nach draußen strömt und beim Schließen der Schwung der Tür nicht ausreicht, um die Tür entgegen der Strömung zu schließen. Der Schließmechanismus muss im Winter anders eingestellt werden.
Ich bin noch einmal ins Geschäft gegangen und habe einen Mitarbeiter auf das Problem hingewiesen.
Wie das mit Appel-Adaptern so ist: Es gibt viele verschiedene und ich habe den falschen gekauft. Erst am 27.11. hatte ich Zeit, den Adapter umzutauschen und ratet mal, was meine entzündeten Augen sehen mussten? Die Tür steht immer noch offen:
Ich habe den Mitarbeiter gefragt, was mit der Tür sei und er meinte, dass das Problem bekannt sei. Am 14.11. waren es tagsüber 4°. Das hat sich bis heute (02.12.) nicht geändert. Ich war heute noch mal da, um zu sehen, ob sich etwas getan hat. Nee:
Der Schließmechanismus lässt sich mittels zweier Schrauben einstellen. Das kann sogar ich und ich habe zwei linke Hände mit insgesamt zehn Daumen dran. Linken Daumen. Die Leute vom Gravis-Store sind aber Freaks. Die können Notebooks auseinanderschrauben und noch viel kompliziertere Sachen.
Um die Schließung straffer oder weniger straff einzustellen, muss man nur an zwei Schrauben drehen. Das ist einfach:
Sollten die Gravis-MitarbeiterInnen das nicht können oder dürfen, dann sollte Gravis jetzt schnell dafür sorgen, dass nicht weiter Geld zum Fenster rausgeschmissen wird und Energie vergeudet wird.
Und jeder, der oder die in einem Wohnhaus wohnt, in dem im Winter die Tür nicht richtig schließt, kann sie selbst nachstellen. Ist einfach!
Update: Tür ganzjährig offen wegen falscher Klinke
Update: 23.12.2019 Man ärgert sich über diese kleinen Nachlässigkeiten, aber es geht noch schlimmer: Ich war heute im Prenzlauer Berg einkaufen, als ich diese Bademantelkonstruktion sah:
Ich fragte die beiden VerkäuferInnen, wieso denn die Tür offen stünde. So von wegen Klimawandel und Energieverschwendung und so. Die eine meinte: „Ja, vielleicht könnte man statt eines Bademantelgürtels etwas Dünneres verwenden, damit der Spalt nicht so groß wäre.“ Erst dann hat mir die andere das eigentliche Problem erklärt: Man könne die Tür ja sonst nicht öffnen, weil außen keine Klinke sei. Ich war etwas baff, denn es gibt ja ungefähr 10.000 andere Läden im Prenzlauer Berg, die dieses Problem gelöst haben. Für Klinkengarnituren gibt es oft unterschiedliche Ausführungen, welche mit Klinken und welche ohne. Die Kosten liegen (geraten) zwischen 10 und 30€. Die beiden VerkäuferInnen haben mir versprochen, mit ihrem Chef zu reden.
Bitte, wenn Ihr so was seht, redet mit den Verantwortlichen.
Ansonsten hilft vielleicht auch hier ein hoher CO2-Preis (mit sozial gerechter Ausschüttung an alle am Jahresende).
Update Gravis
Update 10.01.2020 Mein Telefon ist kaputt gegangen. Ich war noch einmal bei Gravis und die Tür steht immer noch offen. Mindestens seit dem 14.11.2019. Also fast zwei Monate. Jetzt wissen noch mehr Menschen in der Filiale Bescheid.