In der Klimabewegung wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der individuelle Fußabdruck Teufelszeug ist und dass angeblich individuelle Verhaltensänderungen nichts bringen würden, da die Lösung der großen Probleme um Größenordnungen wichtiger ist (z.B. Mau, 2022). Das sind verschiedene Punkte, die mitunter vermischt werden.
Fußabdruck vs. Handabdruck
Der CO2-Fußabdruck ist ein Maß dafür, wie viel CO2 einer konkreten Person zugerechnet werden können. Heizung, Ernährung, Mobilität, Konsum spielen eine Rolle. All das kann man reduzieren bzw. umstellen, aber auf bestimmte Faktoren hat die Einzelperson keinen Einfluss. In Mietwohnungen gibt es normalerweise keine Möglichkeit, den Vermieter dazu zu bringen, dass er eine Wärmepumpe einbaut oder eine Solaranlage auf dem Dach installiert.
Psycholog*innen sehen deshalb den so genannten Handabdruck als besseres Maß. Dabei geht es darum, wie viele Menschen man dazu bringt, weniger CO2 auszustoßen. Während man beim eigenen Fußabdruck an Grenzen kommt und zur Frustration, sorgt man beim Handabdruck letztendlich dafür, dass andere ihren Fußabdruck reduzieren und bis man da an Grenzen stößt, werden noch einige Jahre ins Land gehen.
Bleibt, wie Ihr seid, macht, was Ihr immer macht. Ist schon OK. Not.
Nun findet man aber auch Äußerungen in der Presse oder in sozialen Medien, dass es nicht darum geht, dass Einzelpersonen ihre Gewohnheiten ändern sollen. Ich habe einen Extremfall aus dem Freitag bereits diskutiert. Hier ist ein anderes kurzes Beispiel:
Lang ging es in der Klimakommunikation darum zu vermitteln dass es einen anthropogenen Klimawandel gibt. Das scheint (weitgehend) erreicht. Nun folgt der nächste Marathon: zu vermitteln dass es nicht um „weniger Fleisch und mal das Auto stehenlassen“ geht.
Ich würde ein „nur“ zwischen „nicht“ und „um“ einfügen, aber so wie es oben steht, halte ich die Aussage für falsch. Es gibt ein ganz einfaches Argument. Wir müssen unseren CO2-Ausstoß auf null Gramm CO2 senken (oder Null Tonnen, Null ist Null, nichts). Da die Fleischerzeugung dafür sorgt, dass große Mengen CO2 freigesetzt werden, muss das reduziert werden. Genauso sieht es bei Verbrenner-Autos und kerosinbetriebenen Flugzeugen aus.
Jetzt kann man sagen: Jo, ist aber alles egal, wenn weiter Kohlekraftwerke laufen, Ölfelder erschlossen werden usw. Das stimmt: #CarbonBombs. Und wenn es darum geht, Massen zu mobilisieren, oder Massen die Angst vor einer grünen Regierung zu nehmen, dann ist es vielleicht taktisch geschickt zu sagen: Hej, Ihr seid großartig. Bleibt wie Ihr seid. Wählt uns, wir machen das dann für Euch. Es ist nun aber so, dass wir gewählt haben. Wir haben die bestmögliche Regierung. Drei Parteien mit 1,5°-Ziel im Parteiprogramm und noch 270 Gt Restbudget. Diese Regierung wird das 1,5°-Ziel krachend reißen. Die nächsten Wahlen sind weit weg. Wir haben ein CO2-Restbudget von 27,7t pro Person, wenn wir 1,5° mit 83% Wahrscheinlichkeit halten wollen. Das heißt, das reicht noch für knapp drei Jahre. Mit Autofahren und viel Rumfliegen ist da nichts. Das Ernährungssystem muss umgestellt werden, wenn wir die Weltbevölkerung ernähren wollen. Man kann sich jetzt auf den Standpunkt stellen, dass das die Regierung machen muss. Es muss Vorgaben geben, die für alle gelten.
Das Problem ist nun aber, dass Regierungen, egal welcher Art (meine Vorhersage ist, dass die nächste Regierung Grün-Schwarz sein wird), nur das tun, was sie für opportun und durchsetzbar halten.
Wenn also alle SUV fahren, Rindfleisch essen und nach Thailand fliegen toll finden und für unverzichtbar halten, werden sich Regierungen schwer damit tun, SUVs zu verbieten, Fleisch zu versteuern, die Subventionen für das Fliegen abzubauen und die ökologischen Schäden in Tickets einpreisen zu lassen. Wenn alle ihre Autos benutzen wollen, wird ein Umbau der Städte in Schwammstädte und ein verkehrsreduziertes Leben nicht möglich werden. Wenn dagegen 70 Prozent der Deutschen ohnehin vegetarisch leben würden, der Rest nur – wie früher – einen Sonntagsbraten essen würde und 60 Prozent der Deutschen in Bayern, Thüringen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg Urlaub machen würden, kämen die Regierungen vielleicht auch auf die Idee, das zu fördern.
Experimente haben gezeigt, dass Menschen andere Menschen beeinflussen. Dieser Einfluss wirkt nicht nur direkt (Person A beeinflusst Person B) sondern auch über mehrere Stufen hinweg: Person A beeinflusst Person B, wodurch Person C beeinflusst wird. Dabei haben Person A und Person C keinen unmittelbaren Kontakt, sie müssen sich nicht einmal kennen. Die folgende Abbildung veranschaulicht das.
In einem Experiment, in dem es darum ging, Geld zu geben, von dem dann die gesamte Gruppe mehr hat als wenn alle ihr Geld behalten (siehe Anhang), konnten Fowler & Christakis (2010) zeigen, dass der Einfluss bis zu drei Graden weiter reicht. Eleni beeinflusst Lucas, Lucas Erika, Erika Jay und Jay Brecken. Gleichzeitig beeinflussen Lucas und Erika und Jay aber auch noch andere Menschen. Es ist zu vermuten, dass das auch in realen sozialen Kontexten so funktioniert. Das Ergebnis wäre dann, dass sich zukunfstkompatibles Verhalten weiter verbreitet. Das muss natürlich durch die Politik ermöglicht und gefördert werden. Es ist eine komplexe Interaktion nötig. Aber die Menschen komplett zu entlasten und zu sagen: „Ej, mach ma wie Du immer machst, wir kriegen das schon irgendwie hin!“ (Mau, 2022), wird nicht funktionieren.
Anhang
In dem von Fowler & Christakis (2010) beschriebenen Experiment hat jeder Teilnehmerin 20 MU (money units). Wenn er oder sie eine MU in die Kasse einer Gruppe einzahlt, bekommt jeder in der Gruppe 0,4 MU (Es entstehen also 1,6MU). Wenn alle all ihr Geld abgeben, bekommt jede/r 32 MU. Wenn jemand asozial ist und 20 MU für sich behält, während alle anderen alles einzahlen, bekommt er 44 MU. Man kann nun feststellen, dass das Verhalten der Teilnehmer*innen sich über mehrere Personen hinweg in Richtung Kooperation verbessert. Menschen tun, was andere Menschen tun.
Quellen
Fowler James H. & Christakis Nicholas A. 2010. Cooperative behavior cascades in human social networks. Proceedings of the National Academy of Sciences. Proceedings of the National Academy of Sciences 107(12). 5334–5338. (doi:10.1073/pnas.0913149107)
Die Klimabewegung fordert immer wieder eine adäquate Berichterstattung über Klimathemen in den Medien. Ja, es ist wahr, angesichts der Bedeutung der Klimakatastrophe für die Menschheit müssten die Themen mindestens so präsent sein, wie der Ukraine-Krieg im Februar und März. Aber es ist nicht so, dass die Klimathemen gar nicht vorkämen. Wir neigen nur dazu, Dinge wieder zu vergessen. Da ich das immer wieder für Diskussionen, Vorträge und Blog-Posts brauche, habe ich beschlossen, hier eine Seite mit Medien-Berichten über Katastrophen anzulegen.
Dürre
Überall auf der Welt gibt es Gebiete, die von Dürrekatastrophen betroffen sind. In Somalia gab es 2022 die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Hundertausenden droht laut UN der Hungertod (tagesschau, 11.06.2022). In Indien ist es viel früher im Jahr als üblich sehr heiß. Lang anhaltende Hitzeperioden von über 40° kann der menschliche Körper nicht aushalten. (taz, 23.05.2022: Extreme Hitze in Indien und Pakistan: Gelebte Klimakrise)
Auch in Kalifornien gibt es Dürre-Katastrophen und Notstand wird ausgerufen. Wegen der hohen Brandgefahr werden Kraftwerke abgeschaltet und die Stromversorgung ist tagelang unterbrochen (tagesschau, 16.05.2022). Auch in Deutschland gab es bereits Gemeinden, in denen das Trinkwasser knapp geworden ist (Spiegel 34/2020).
Der Po in Italien ist in weiten Teilen des Landes versiegt. Die Ernte in Norditalien ist verloren.
“What has been a slow-motion train wreck for 20 years is accelerating, and the moment of reckoning is near,” said John Entsminger, general manager of the Southern Nevada Water Authority, which supplies the Las Vegas area.
He pointed out that Lake Mead’s water level, now at 1,045 feet above sea level, has continued to decline toward critically low levels. Hoover Dam could still release water down to a level of 895 feet, but below that, water would no longer pass through the dam to supply California, Arizona and Mexico — a level known as “dead pool.”
“We are 150 feet from 25 million Americans losing access to the Colorado River, and the rate of decline is accelerating,” Entsminger told the senators.
Avoiding “potentially catastrophic conditions,” Entsminger said, will require reductions that many water managers previously considered unattainable.
Durch die zunehmende Erwärmung werden Regionen, in denen es jetzt schon heiß ist, unbewohnbar werden. Aber auch Europa ist stark betroffen. Im Hitzesommer 2003 sind in Südeuropa 45.000–70.000 hitzebedingt gestorben (Wikipedia: Hitzewelle 2003). Eine Modellierung, die 2022 im Ärzteblatt veröffentlicht wurde, zeigt, dass 2018–2022 über 19.000 Menschen an Hitze gestorben sind (Hitzebedingte Mortalität in Deutschland zwischen 1992 und 2021).
Kälte
Ja, auch wenn Menschen wie Trump das nicht verstehen (wollen), auch Kältewellen zählen zu den Folgen der Klimaänderungen. Es gibt im Polargebiet einen starken Luftwirbel. Dieser wird klimawandelbedingt ab und zu unterbrochen, weshalb dann sehr kalte Luft in südliche Gebiete gelangt (Wille, 2021).
Brände
In Kannada, den USA, Russland, Australien gibt es riesige Waldbrände. Zum Teil gab es die auch früher schon, aber jetzt sind die Wälder trocken und die Brände nehmen enorme Ausmaße an und sind nicht mehr zu kontrollieren. Auch in Brandenburg hat es 2022 gebrannt und die Feuerwehr hat den Brand nur unter Kontrolle bringen können, weil es geregnet hat.
Siehe Überflutungen und Quellen unten. Erinnert sei auch an das Starkregenerignis 2017 in Berlin. In China und in New York waren Menschen in der U-Bahn eingeschlossen, standen in U-Bahnwagen bis zur Brust im Wasser.
Hungersnöte
Siehe Dürre.
Erste Welt und Deutschland
Das ist doch alles weit weg und betrifft uns nicht! Oder? Selbst wenn man zynisch ist oder irgendeinen Weg sucht, die Katastrophe zu verdrängen, wird das nicht lange funktionieren, denn es ist alles verknüpft und verwoben. Die erste Welt ist auf die Lieferungen aus der zweiten angewiesen. Unsere Computer, Telefone und bald auch Autos werden in Regionen hergestellt, die massiv betroffen sind. Siehe Dürre in Taiwan verschärft Chip-Krise. Aber wie ich oben gezeigt habe, sind die USA, Kanada, Australien und auch Europa von Hitze, Waldbränden, Dürren, Kälteeinbrüchen und Überflutungen betroffen. Erinnerung: Wir sind jetzt bei 1,2°. Das 1,5°-Ziel ist nach Aussage von Wissenschaftler*innen nur noch unter höchsten Anstrengungen zu erreichen und dass die erfolgen, ist unrealistisch. Das heißt, es werden 1,6 oder sogar mehr Grad werden. Wie der UN-Generalsekretär António Guterres gesagt hat: Jeder Bruchteil eines Grades zählt. (Rede, 28.02.2022, offizielle Übersetzung)
Die Welt. 2021. Spinnenplage Australien: Nach Hochwasser hüllen teils giftige Spinnen Australien in ihre Netze. WELT Nachrichtensender. (https://www.youtube.com/watch?v=b96Q6YT4cwo)
Winklmayr, Claudia & Muthers, Stefan & Niemann, Hildegard & Mücke, Hans-Guido & an der Heiden, Matthias. Hitzebedingte Mortalität in Deutschland zwischen 1992 und 2021. Ärzteblatt. (doi:10.3238/arztebl.m2022.0202)
In diesem Blog-Post beschäftige ich mich mit dem CO2-Impact von Flügen. Aber er kann auch dazu dienen, eine allgemeine Vorstellung von CO2-Auswirkungen zu bekommen.
Langstreckenflüge und die 1000-Tonnen-Regel
In der Semantik gibt es bestimmte Ansätze, die die Bedeutung von Wörtern in kleinere Bestandteile zerlegen und somit komplexe Bedeutungen auf einfachere Bedeutungen zurückführen. Das Standard-Beispiel ist kill `töten´. Die Bedeutung wird mit cause(x,become(not(alive(y)))) angegeben (McCawley, 1968: 73; Katz, 1970: 244; siehe Wierzbicka, 1975 für kritische Kommentare). Die Formel kann man so lesen: x bewirkt, dass y in den Zustand des Nicht-lebendig-Seins übergeht. In diesem Blogpost beschäftige ich mich mit den Auswirkungen unseres CO2-Ausstoßes am Beispiel des Fliegens. Klar ist, dass letztendlich die Energiequellen für alles, was wir tun, umgestellt werden müssen und dass wir den Energieverbrauch insgesamt reduzieren müssen. Das heißt, dass wir an den großen politischen Stellschrauben drehen müssen. Aber das Problem ist einfach zu groß für uns Menschen, um es komplett zu verstehen und die Dimension begreifen zu können (Parncutt, 2019:11). Wie die ehemalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze 2019 auf die Frage nach dem Restbudget an CO2 ausweichend sagte: „Unter diesen ganzen Tonnen und so kann sich doch keiner was vorstellen.“ (Mihatsch, 2019; Kontraste, ARD, 30.09.2019).
Ich suche immer nach Wegen, die Zerstörung, die wir anrichten, und die Winzigkeit des verbleibenden Rest-Budgets greifbar zu machen (siehe Zu unserem CO2-Restbudget: Car is over). Ich glaube, dass das Beispiel vom Fliegen recht anschaulich ist. Auch wird man beim Fliegen die Energieträger auf lange, lange Zeit nicht auf erneuerbare Energien umstellen können. Die Luftfahrt-Industrie geht von 2050 aus.
Wie ich im Anhang zeige, erzeugt ein Flug von Berlin nach Sydney und zurück einen Ausstoß von über 2259 Tonnen CO2. 1000 Tonnen verbrannter Kohlenstoff ergeben einen vorzeitigen klimabedingten Tod (Parncutt, 2019). 1000 Tonnen verbrannter Kohlenstoff entsprechen 3700 Tonnen CO2, d.h. die Sydney-Reise ist equivalent zur Verbrennung von 610 Tonnen Kohlenstoff. Man kann also sagen, dass die 329 Passagiere zusammen 0,61Menschen töten. Zwei Flüge Berlin-Sydney und zurück bewirken den Tod von mehr als einem Mensch. Zu Langstrecken-Flügen direkt siehe auch Parncutt (2019: 12).
Tötung? Totschlag? Mord?
Flugpassagiere töten Menschen. Bewusst, unbewusst? Fahrlässig? Absichtlich? Ignorant? Im Folgenden möchte ich weiter über die Einordnung nachdenken. Ein Flug Berlin-Sydney bewirkt, dass ein Mensch stirbt. Wie? Ich habe jemanden getötet? Ich habe doch gar nichts gemacht, saß nur im Flugzeug. Selbst wenn man nicht direkt jemanden mit Händen oder Waffen tötet, kann eine Tötung oder fahrlässige Tötung vorliegen. Zum Beispiel ermittelte die Polizei wegen fahrlässiger Tötung, als ein Restaurantgast an einem verunreinigten Getränk starb (BR24, 13.02.2022).
Fahrlässige Tötung
Fahrlässige Tötung liegt vor, wenn die Sorgfaltspflicht verletzt wird (Wikipedia: Fahrlässigkeit). Hat man als Mensch die Pflicht, die Konsequenzen seines Handelns zu überdenken? Auch wenn alle etwas tun? Auch wenn man mit 329 Menschen gemeinsam etwas tut? Auch wenn morgen und übermorgen und überübermorgen das nächste Flugzeug fliegt? Wenn man Flugtickets normal im Internet und in Reisebüros kaufen kann? Und wenn man doch überhaupt nicht gewusst hat, wie schädlich das Fliegen ist? (Unter diesen ganzen Tonnen kann sich doch keiner etwas vorstellen!) Dieser Blog-Post will das ändern. Wer ihn gelesen hat und dennoch fliegt, tötet bewusst Menschen.
Totschlag
Einfaches Bewirken reicht für Totschlag nicht aus (Wikipedia: Totschlag). Die Tötung muss vorsätzlich geschehen.
Mord
Bei Mord müssen zusätzlich noch bestimmte Tatmerkmale vorliegen (Wikipedia, 2022: Mordmerkmale). Dazu gibt es drei Fallgruppen: 1) Niedrige Beweggründe: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, Sonstige. 2) Verwerfliche Begehungsweise: Heimtücke, Grausamkeit, Gemeingefährliche Mittel. 3) Deliktische Zielsetzung: Ermöglichungsabsicht, Verdeckungsabsicht. Was jetzt kommt, ist nicht ganz ernst gemeint und Gerichte würden das sicher anders sehen, aber es geht darum, unser Handeln und die Gründe dafür zu reflektieren und dazu sind die folgenden Vergleiche wohl geeignet.1
Mordlust
Fliegen aus Freude am Spaß fällt wohl unter Mordlust. Ich habe zufällig einen entsprechenden Flug auf Flightradar gefunden.
Es war nur ein kleiner Mord im Vergleich zu einem Flug nach Sydney, aber der Flug war komplett sinnlos und diente nur zur Belustigung der Insassen.
Befriedigung des Geschlechtstriebs
Darunter fällt natürlich der Sextourismus. Zu den Reisezielen gehören Thailand, Vietnam und die Philippinen, Kuba, die Dominikanische Republik, Brasilien, Kenia, Gambia, alles Länder, die nur über Langstreckenflüge erreichbar sind.
Habgier
Das mit der Habgier ist jetzt vielleicht etwas weit hergeholt, aber darunter könnte man alle geschäftlichen Flüge zählen: Menschen, die aus beruflichen Gründen fliegen, tun das, weil Dinge sich in persönlichen Gesprächen besser besprechen lassen und das der Firma nützt oder weil sie einen Konferenzvortrag halten wollen und das der Karriere nützt. Die ganze Sache ist nicht so einfach, weil das gesamte Wissenschaftssystem so aufgebaut ist, dass internationale Kontakte, Zusammenarbeit und Projekte belohnt werden. Bis zum heutigen Tag scheint es mir für wissenschaftliche Karrieren nötig zu sein, weltweit unterwegs zu sein. Zumindest ist es von Vorteil. Diese Reisen kann man natürlich sinnvoll organisieren und auf ein Minimum begrenzen. Insgesamt müssen Flüge teurer werden und das gesamte Wissenschaftssystem muss sich ändern und wieder lokaler werden.
Heimtücke
Zu Heimtücke fällt mir nichts ein.
Grausamkeit
Es muss wohl als grausam gelten, wenn man jemanden verhungern2 lässt, wenn man jemanden in der Hitze34 oder Kälte5 umkommen lässt, ihn ertrinken67 lässt oder wenn man dafür sorgt, dass das Haus einer Person einstürzt bzw. abbrennt und diese Person ihrer Lebensgrundlagen beraubt wird. All das sind Effekte, die die menschengemachten Klimaveränderungen hervorrufen. Eine gute Übersicht und viele, viele Quellen findet sich in Parncutt, 2019. Ich habe eine Übersichtsseite mit Medienberichten zusammengestellt. Einige Videos der Tagesschau oder von reuters sind auch unten bei den Quellen verlinkt. Menschen werden an Hitze sterben (Abschätzung der Zahl der Hitzetoten: Bressler, 2021), die Hitze und Trockenheit verstärkt die Häufigkeit und Auswirkung von Waldbränden, Missernten führen zu Hungerkatastrophen, Menschen sterben in Fluten. Fluten und Brände machen Menschen obdachlos. Viele der Katastrophen passieren in weit entfernten Gegenden, so dass wir sie prima ausblenden können, aber die Dürre und die Waldbrände gibt es bereits auch in Brandenburg und die Katastrophe im Ahrtal hat gezeigt, was für verheerende Auswirkungen Starkregenereignisse hierzulande haben können.
Gemeingefährliche Mittel
Der Mord an einer Person durch einen Flug verwendet gemeingefährliche Mittel, denn die Art und Weise, wie diese Person ermordet wird, betrifft die gesamte Erde. Fliegen ist gemeingefährlich.
Ermöglichungsabsicht
Dieses Mordmerkmal liegt vor, wenn Täter*innen den Mord begehen, um dann weitere Verbrechen begehen zu können. Ein Beispiel hierfür wäre eine touristische Reise in die USA mit dem Ziel, diese dann mit einem Verbrenner-Auto zu durchfahren. (Habe ich selbst 1993 gemacht. Sorry Welt.)
Verdeckungsabsicht
Wenn man jemanden tötet, um ein Verbrechen zu verschleiern, liegt ein Mordmerkmal vor. Hierzu fällt mir auch nichts ein.
Schlussfolgerung
Es liegt natürlich kein Mord vor, aber es gibt keine Gründe für das Fliegen, die über Menschenleben gehen. Kurzstreckenflüge lassen sich meistens durch Bahn- oder Busreisen ersetzen und Langstreckenflüge sollte man einfach nicht mehr machen.
Die Moral von der Geschicht
Man tötet keine Menschen. In vielen Religionen und Wertesystemen ist das fest verankert. „Du sollst nicht töten.“ ist das fünfte Gebot der christlichen Religionen. Interessanterweise fällt bei den Katholiken auch Selbstmord unter dieses Gebot (Kathpedia: Selbstmord). Parncutt (2019: 4) schreibt zu den Opfern der Klimakatastrophe, dass „ca. 109 Reiche dabei sind, die Leben von 109 Armen vorzeitig zu beenden.“8 Die Wahrscheinlichkeit, dass die Reisenden ihren eigenen Tod bewirken, ist relativ gering, da Menschen, die Fernreisen unternehmen zu den Wohlhabenderen auch unter der Bevölkerung der wohlhabenden Länder gehören dürften. Aber selbst diese Länder sind zum Beispiel von Hitze, Waldbränden und Überflutungen mit Toten und großen materiellen Schäden betroffen, wie die jüngsten Ereignisse gezeigt haben (Überflutungen im Ahrtal9, Kanada, Australien, Brände in den USA, Kanada, Australien). Wenig bekannt ist auch der Hitzesommer in Europa im Jahre 2003, der zu 45.000–70.000 vorzeitigen Toden geführt hat. Zu den Details siehe Wikipedia: Hitzewelle in Europa 2003.
Die Schlussfolgerung, die auch Parncutt (2019: 12) zieht ist: „Deshalb sollte das Fliegen teurer gemacht werden (z.B. durch Kohlenstoffsteuern) und auf Notfälle und Lebensrettungsmaßnahmen beschränkt werden.10 An dieser Stelle muss auch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass Deutschland das Fliegen immer noch durch das Nichterheben einer Keosinsteuer subventioniert (Wikipedia: Kerosinsteuer).
Disclaimer
Internet-Trolle freuen sich immer, wenn sie in Scoial-Media-Profilen von Aktivist*innen Bilder finden, die auf Langstreckenflüge hinweisen. Bei mir braucht niemand lange zu suchen, denn ich habe meine Flüge selbst bestens dokumentiert.
Dienstliche und private. Siehe Ich fliege nicht mehr. Dabei habe ich 45,3 t CO2 ausgestoßen. Wegen der Höhenwirksamkeit muss man diese Menge mit einem Faktor zwischen 2 und 3 multiplizieren. Ich habe also mittels meiner Flüge ein Zehntel zur Tötung eines Menschen beigetragen. Seit 2008 fliege ich privat nicht mehr und seit 2019 auch dienstlich nicht. So wird meine Schuld hier nicht größer.
Anhang: Berechnung CO2-Impact Berlin–Sydney
Parncutt (2019: 12) hat die 1000-Tonnen-Regel auch auf Langstreckenflüge angewendet. Er schreibt dazu:
A typical passenger jet carries 300,000 l of fuel and consumes 200,000 on a long flight, creating 500 tonnes of CO2 corresponding to 135 tonnes of carbon. That is about 1/8 of 1,000 tonnes, or 1/8 of a human life, according to the 1,000-tonne rule. Aircraft also emit other GHGs, and the high altitude at which the GHGs are emitted must also be considered. If the overall warming effect is at least twice the effect of the CO2 alone (Penner et al., 1999), a future person dies for every four long flights, on average. Therefore, flying should be made more expensive (e.g. by carbon taxes) and reserved for emergencies and life-saving projects.
Im Folgenden habe ich die Berechnungen anhand von konkreten Beispielen nachvollzogen. Ich habe dafür einen Billiganbieter (Scoot) ausgesucht. Billiganbieter sind meist effizient, da ihre Maschinen voll ausgelastet werden und der Sitzplatzabstand minimal ist. Der Flug geht über Singapur und man kann diese Details bei atmosfair eingeben. Man bekommt dann für Economy-Flüge und für Business-Class-Flüge folgendes Ergebnis für die von Scoot verwendeten Flugzeuge Boeing 787-8 und 787-9.
Scoot bestuhlt die Boeing 787-8 mit 18 Business-Class-Sitzen und 311 Economy-Sitzen (Sitzplan). Damit ergibt sich bei voll ausgelasteter Maschine ein CO2-Impact von 311 * 2,064t + 18 * 3,870t = 711,564 t für den Flug nach Singapur.
Für den Flug nach Sydney wird die größere Boeing 787-9 verwendet. Sie hat 340 Economy-Class-Sitze und 35 Business-Class-Plätze. Der CO2-Impact beträgt 1,174t bzw. 2,202t für Economy und Business-Class.
Für den gesamten Flug Singapur-Sydney sind es 340*1,174t + 35 * 2,202t = 476,23t. Die Berechnung für die gesamte Reise Berlin–Sydney ist nicht so einfach, denn in der Singapur-Sydney-Maschine sitzen auch Menschen, die nicht aus Berlin kommen, da die 787-9 ja größer ist als die 787-8.11 Rechnet man den Anteil der Berliner*innen aus, ergeben sich 417,812t. Insgesamt ergibt sich für Berlin–Sydney also ein CO2-Impact von 1129,376t. Für den Hin- und Rückflug ergeben sich 2258,752t. Diese entsprechen 610,474t Kohlenstoff.
Die 329 Menschen haben also 0,61 Menschenleben auf dem Gewissen.
Quellen
Bressler, R. Daniel. 2021. The mortality cost of carbon. nature communications 12(4467). 1–12. (doi:10.1038/s41467-021-24487-w)
Parncutt, Richard. 2019. The Human Cost of Anthropogenic Global Warming: Semi-Quantitative Prediction and the 1,000-Tonne Rule. Frontiers in Psychology 10(2323). 1–17. (doi:10.3389/fpsyg.2019.02323)